Neue Fahrzeuge aus Sondermitteln finanziert: Polizei bringt Konjunktur in Fahrt

Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass Niedersachsens Innenminister Schünemann 1.000 neue Fahrzeuge für den Polizei-Fuhrpark mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket II angeschafft hat.

Große Freude: Im Dezember 2009 bildete die Polizeidirektion Hannover aus 31 neu angeschafften Dienstwagen eine 31. Bild: dpa

HANNOVER taz | Verschwendung von Steuergeld wirft der Bund der Steuerzahler Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) vor. 1.000 neue Fahrzeuge hatte der seiner Polizei 2009 gegönnt. Gesamtkosten: 29 Millionen Euro. Zehn Millionen Euro davon stammten aus dem Konjunkturpaket II - eine Investition, deren Notwendigkeit der Bund der Steuerzahler in Hannover jetzt infrage stellt.

"Die Gunst der Stunde", sagt Sprecher Bernhard Zentgraf, habe Schünemann 2009 genutzt. 920 Millionen Euro hatte die Bundesregierung da im Zuge des Konjunkturpakets II für Niedersachsen zur Verfügung gestellt, um die Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise abzumildern. Land und Kommunen legten rund 940 Millionen Euro drauf.

Investiert werden sollte in nachhaltige, schnell umsetzbare - und vor allem zusätzliche Maßnahmen mit breiter wirtschaftlicher Wirkung, so die Vorgabe des Bundes. Ein Großteil der Konjunkturpaket II-Mittel floss in Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und den Städtebau. Die Erneuerung des niedersächsischen Polizei-Fuhrparks wurde indes unter "sonstigen Infrastrukturinvestitionen" verbucht.

Etwa zehn Millionen Euro werden laut Innenministerium im Schnitt jährlich in die rund 4.500 Fahrzeuge starke Wagenflotte investiert. "Die Fahrzeuge sind ständig im Einsatz, der Verschleiß ist hoch", erklärt Ministeriumssprecherin Vera Wucherpfennig.

In Niedersachsen wurden im Zuge des Konjunkturpakets II, dem Pakt für Beschäftigung, 1,7 Milliarden Euro investiert.

Abgeschlossen sein sollen alle der rund 5.900 geförderten Vorhaben bis Ende 2011.

Sportstätten wie Turnhallen und Schwimmbäder wurden in 81 Kommunen saniert.

Der Zugang zu schnellem Internet wurde im bislang unterversorgten ländlichen Raum durch den Ausbau der Breitbandverbindungen ausgebaut.

Digitale Unterrichtsmedien wurden für Schulen und Medienzentren angeschafft.

2009 offenbar besonders hoch: Da gab es nicht nur die Finanzspritze aus dem so genannten Pakt für Beschäftigung, es floss auch fast doppelt so viel wie üblich an Haushaltsmitteln.

Polizeimotorräder, Wagen für Hundeführer, Zivilstreifen, Spezialfahrzeuge für Mobile Einsatzkommandos und vor allem Streifenwagen, meist vom Wolfsburger Autobauer VW, in der Farbe silber-blau standen auf der Bestellliste des Innenministeriums. Und genau da vermutet Zentgraf vom Bund der Steuerzahler das Motiv: Schünemann habe den Fuhrpark der Polizei mithilfe des Konjunkturpakets schneller vom alten Grün-Weiß auf das europaweit einheitliche Silber-Blau umstellen wollen, sagt er.

Das Innenministerium hingegen spricht von einem "guten Nebeneffekt". "Nach außen einheitlicher repräsentiert zu sein, war aber nicht das erste Ziel", sagt Sprecherin Wucherpfenning. Vielmehr habe die Verjüngung der Flotte mit effizienteren und benzinsparenderen Fahrzeugen ökonomische wie ökologische Gründe gehabt.

Sie sieht gar eine "Win-Win-Situation": Das Land habe die Voraussetzung für gute Polizeiarbeit geschaffen, die für Niedersachsen so wichtige Automobilbranche wirtschaftlich profitiert. Und die Konjunktur anzuschieben, so sagt Wucherpfenning, "war doch Sinn und Zweck des Maßnahmenpaketes".

Zentgraf vom Bund der Steuerzahler sieht das anders: "Für die Automobilindustrie hat der Staat beim Konjunkturpaket II mit der Abwrackprämie schon genug getan", sagt er. Für die 1.000 neuen Polizei-Fahrzeuge sei mehr als nötig ausgegeben worden. "Wäre die Erneuerung tatsächlich aus wirtschaftlichen Gründen notwendig gewesen", erklärt Zentgraf, "hätte man das im Rahmen des regulären Haushalts finanzieren müssen."

Zur Abwechslung Lob für den verjüngten Fuhrpark gibt es für den Dienstherrn Schünemann derweil von der niedersächsischen Gewerkschaft der Polizei (GDP). Wo sonst über Einsparungen, Beförderungsstau, schlechte Ausrüstung und lange Einsatzzeiten geklagt wird, ist die Freude groß, wie GDP-Sprecher Reiner Fischer sagt: "Alle sind erleichtert, dass sie nicht mehr auf durchgesessenen Sitzen und alten Böcken sitzen müssen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.