Im Motzen vereint

ÖKOGISCHE MINDESTSTANDARDS Umweltschützer wie Landwirte kritisieren die Pläne für die Agrarreform. Die schleswig-holsteinische CDU-Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf verlangt Nachbesserungen

„Das ist mehr Greenwashing als Greening“

BERND VOSS, GRÜNE

„Inakzeptabel“ nennen Ina Walenda, BUND-Geschäftsführerin aus Schleswig-Holstein, und Werner Hilse, Präsident des Bauernverbandes Niedersachsen, der in Schleswig-Holstein Landvolk heißt, die EU-Pläne für die Agrarreform. Wie den Lobbyvertretern geht es der Politik in den norddeutschen Flächenländern: Richtig gut findet niemand die Pläne.

Mit der Reform will die EU eines ihrer mit fast 60 Milliarden Euro teuersten Betätigungsfelder neu bestellen. So soll ein Drittel der Direktzahlungen an Bauern künftig daran gebunden sein, dass Landwirte ökologische Mindeststandards einhalten: Grünland erhalten, Flächen für Naturschutz stilllegen, Fruchtwechsel einhalten und eine Pflanzenart, etwa Mais, auf maximal 70 Prozent ihrer Länder begrenzen. Zudem soll ein Hof in der Regel nicht mehr als 300.000 Euro Subvention pro Jahr erhalten. Zwar begrüße der BUND den Paradigmenwechsel, Geld an Ökostandards zu knüpfen, doch seien die zu schwach, auch werde die 70-Prozent-Regel die „Vermaisung“ nicht verhindern, fürchtet Walenda. Ähnlich sieht es Bernd Voß von der Kieler Landtagsfraktion der Grünen. Im Detail bleibe vieles verbesserungswürdig: „Das ist mehr Greenwashing als Greening.“

Nachbesserungen verlangt auch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU). Sie hatte – anders als viele Christdemokraten, die die Reform grundsätzlich ablehnen – eigene Vorschläge gemacht, darunter einen für ein flexibleres „Greening“. Geld an Ökostandards zu koppeln, findet Rumpf prinzipiell positiv: „Langfristig muss die Agrarproduktion ohne staatliche Zuschüsse wirtschaften.“ Für Beiträge zu gesellschaftlichen Aufgaben wie Umwelt- und Klimaschutz bleibe eine faire Honorierung aber notwendig.

Parteifreund und Amtskollege Gert Lindemann in Hannover schaut dagegen auf’s Geld: 40 Millionen Euro an EU-Geld würden weniger nach Niedersachsen fließen, würden die Prämien geändert. Die Direktzahlungen seien das wichtigste Instrument und müssten gestärkt werden. Landvolk-Präsident Hilse sieht „keinen Spielraum für den Verzicht auf Nutzflächen“ und Clemens Große Macke (CDU) sagt: „Fruchtbares Landes nicht zu nutzen, ist ethisch und ökonomisch nicht nachzuvollziehen.“ Der schleswig-holsteinische FDP-Abgeordnete Carsten-Peter Brodersen sieht gar die Landwirtschaft gefährdet. 2013 soll die Reform in Kraft treten. Damit fange die Debatte jetzt erst an, meint Schleswig-Holsteins Bauernpräsident Werner Schwarz: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“ ESTHER GEISSLINGER