Kurzsichtige Quote

OSTSEEFISCHE EU erlaubt den Fang von mehr Heringen und Dorschen und verweigert Schutz für Schollen und Lachse

Die Fischerei-Minister der EU würden „immer noch kurzfristigen Interessen folgen, statt die Erholung der Fischbestände zu ermöglichen“, kritisiert Karoline Schacht, Fischereiexpertin der Umweltstiftung WWF. Die am Wochenende beschlossenen Fangquoten 2012 für die Ostsee würden „eine zukunftsfähige Fischerei unterlaufen“.

So habe die EU-Kommission eine Kürzung der Fangquote für Ostseelachs um 80 Prozent für notwendig erachtet, die letztlich entscheidende Ministerrunde hat die Fangmengen aber nur um 51 Prozent abgesenkt. Noch eklatanter sei das Vorgehen bei Schollen, über deren Vorkommen keine verlässlichen Daten vorliegen. Die Kommission wollte bei Beständen, deren Größe nicht bekannt ist, pauschale Kürzungen der Fangmengen um ein Viertel durchsetzen. Die Minister senkten die Quote bei Schollen aber lediglich um fünf Prozent. Damit werde „der Vorsorgeansatz ignoriert“, moniert Schacht, „und letztlich auch der Fischerei das Wasser abgegraben“.

Die Erhöhung der Fangquote für Hering sieht auch der Rostocker Fischereibiologe Christopher Zimmermann skeptisch. Nach sechs Jahren mit gekürzten Quoten soll ab 2012 die Fangmenge um 32 Prozent erhöht werden. Zimmermann hält das für verfrüht. „Jetzt kommen zwei starke Nachwuchsjahrgänge“, sagte er der DPA. Diese könnten die Bestände stabilisieren, wenn erst ab 2013 wieder mehr gefischt werden dürfte.

Zumal Heringe verstärkt ihrem größten Fressfeind, dem Dorsch, zum Opfer fallen dürften. In der zentralen Ostsee hat sich dessen Bestand durch Schutzmaßnahmen „in fünf Jahren mehr als verdreifacht“, rechnet Schacht vor, er sei damit auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren. Das sei zwar ein Problem für Sprotten und Heringe, insgesamt aber „ein Paradebeispiel gelungener Fischereipolitik“. Bei Dorsch dürften die Fischer, so Schacht, „mit gutem Gewissen mehr fangen“. SMV