EWE-Skandal: Fehler gemacht

Die Spitze des Oldenburger Energieversorgers räumt ein: Über den dubiosen Einstieg bei den Eberswalder Stadtwerken war der Aufsichtsrat nicht informiert.

Räumt Fehler ein: EWE-Chef Werner Brinker. Bild: dpa

OLDENBURG taz | Die Führung des Oldenburger Energiekonzerns EWE AG strauchelt, Vorstandschef Werner Brinker und Aufsichtsratsvorsitzender Günther Boekhoff gestehen nach beharrlichem Schweigen sogar Fehler ein.

Nach Recherchen der taz war bekannt geworden, dass das Amtsgericht Frankfurt/Oder der EWE 2007 eine Unternehmensgeldbuße in Höhe von 400.000 Euro auferlegt hatte. Der Grund: Vorteilsgewährung. 2002 hatte Vorstandschef Brinker gemeinsam mit einem Vorstandskollegen in einem Brief dem damaligen Bürgermeister von Eberswalde 307.000 Euro zugesagt, sollte der von EWE angestrebte Erwerb von Anteilen an den dortigen Stadtwerken zustande kommen. Zwei Jahre später legte EWE 200.000 Euro nach.

Als die Zahlungen durch ein Mitglied des Eberswalder Stadtrats bekannt wurden, ermittelte die für Wirtschaftskriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen Brinker und den Vorstandskollegen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, weil EWE die Zahlung der Geldbuße akzeptierte.

Über den Vorfall informiert hatte Brinker nur das Präsidium des Aufsichtsrats, das aus wenigen Personen besteht. Am Dienstag nun gaben Brinker und Boekhoff dazu Erklärungen ab: "Aus heutiger Sicht wäre eine Information des gesamten Aufsichtsrates sicherlich besser gewesen", sagte Brinker. Auffällig: Er spricht weiter von "Sponsoring" - die Verknüpfung zwischen der Zahlung an den Bürgermeister und dem Erwerb der Stadtwerke-Anteile hatte Brinker selbst hergestellt.

Boekhoff zufolge sah das Präsidium damals "keine Notwendigkeit", den gesamten Aufsichtsrat mit dem Thema zu befassen. Das sei möglicherweise eine Fehleinschätzung gewesen. Dass Boekhoff als Aufsichtsratsvorsitzender die Unterrichtung des gesamten Kontrollgremiums unterließ, wertet der Bonner Jurist Marcus Lutter als schweren Fehler: "Ein Aufsichtsratsvorsitzender muss so etwas an den gesamten Aufsichtsrat weitergeben." Der Experte für Aktienrecht war mehrere Jahre lang Mitglied der Regierungskommission "Deutscher Corporate Governance Kodex", einem Regelwerk zur Unternehmensführung.

Lutter sagt, es sei außerdem die Pflicht des Aufsichtsrates, zu entscheiden, ob er den Vorstandsvorsitzenden für den entstandenen Schaden in Haftung nimmt. Das sei auch jetzt noch möglich.

Einer der profiliertesten EWE-Kritiker ist Dieter Baumann, der seit 2006 den Landkreis Leer in der Verbandsversammlung vertritt, in der die kommunalen Anteilseigner der EWE zusammengefasst sind, die zu 74 Prozent 21 Städten und Landkreisen gehört. Baumann sagte der taz: "Weder EWE-Chef Dr. Brinker noch Aufsichtsratsvorsitzender Boekhoff sind länger tragbar. Der gesamte Aufsichtsrat sollte schnellstens Konsequenzen ziehen."

Brinkers Ablösung forderte auch der Vorsitzende der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag, Hans-Henning Adler: Brinkers Eskapaden kosteten das Unternehmen Millionen, erklärte Adler. "Wenn er nicht freiwillig geht, muss der Aufsichtsrat tätig werden." Der tagt am 4. November.

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