Kommentar verweigerte Integration: Kinder dritter Klasse

Ob die Flüchtlingskinder in Horst die Schule besuchen oder nicht, ist in der selbst ernannten "Bildungsrepublik Deutschland" nicht wichtig.

Den Umgang mit "Schulabsentismus" hat die Hamburger Bildungsbehörde in einer 40-seitigen Handreichung für LehrerInnen geregelt. Der "Absentismus" ist "Ausdruck einer sozialen Gefährdung von Kindern und Jugendlichen", heißt es da. Er sei deshalb "unnachgiebig zu verhindern" und "konsequent zu ahnden". Die dazu vorgesehenen "Eskalationsstufen" - bis hin zu Zwangsmaßnahmen - beginnen laut Vorschrift "spätestens unmittelbar nach der ersten großen Pause" eines Fehltages.

Für die Flüchtlingskinder in Horst gelten andere Regeln. Ob sie eine Schule besuchen oder nicht, das ist in der selbst ernannten "Bildungsrepublik Deutschland" nicht wichtig. Denn sie gehören nach Auffassung der herrschenden Politik gar nicht dazu. Und das soll möglichst so bleiben.

Die Hamburger SPD redet viel von "Teilhabe", "Zukunftsinvestition" und "Kraftanstrengungen", wenn es um Bildung geht. In die Zukunft von Flüchtlingskindern investiert sie nicht.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass es bei gutem Willen in einer der reichsten Städte Europas nicht möglich sein soll, Wohnraum für einige Hundert Familien zu finden oder zu schaffen, die in der Nähe einer Schule liegen. Keine äußere Notwendigkeit zwingt den Senat, sie im übernächsten Bundesland ins Nirgendwo auszuquartieren: Es ist der Wille, um die Unerwünschten herum so viele Barrieren zu ziehen wie möglich.

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Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social

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