Der Spätschießer

Lange war es still um Ralf Meister. Zur Amtseinführung im März warnte der neue Hannoversche Landesbischof vor den Gefahren der Atomkraft – die Katastrophe von Fukushima war da wenige Tage her. In den folgenden Monaten fiel er allenfalls dadurch auf, dass er zum Biker-Gottesdienst im Heidepark Soltau fuhr – auf einem dicken Motorrad.

Nun ist es gewiss nicht leicht, zum Nachfolger einer Margot Käßmann gewählt zu werden, deren mediale Omnipräsenz unerreicht ist. Von tagesaktuellen Einlassungen halte er nichts, sagte Meister im September der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Ein Bischof sollte nicht politisieren, nur weil er sich am Frühstückstisch beim Aufschlagen der Zeitung geärgert hat.“

Aus der Versenkung gemeldet hat er sich aber dann doch. Am gestrigen Donnerstag etwa: Da lobte er die evangelische Kirchengemeinde in Hoya, die sich für die vietnamesische Familie Nguyen eingesetzt hatte, die Innenminister Uwe Schünemann (CDU) abschieben ließ.

Auch zur Gorleben-Politik hatte Meister etwas zu sagen: „Wie, so muss kritisch gefragt werden, können innerhalb einer jahrzehntelangen Suche grundlegende Erkenntnisse verschwiegen, Ausgangsbedingungen permanent verändert und rechtliche Rahmenbedingungen nicht angepasst werden?“

Beide Äußerungen sind geschickt platziert: Schünemann ist wegen der Abschiebung der Nguyens sogar in der eigenen CDU unter Druck, in Gorleben laufen sie sich derzeit für die Castorproteste warm.

Allerdings kommt Meister mit beiden Anliegen zu spät: Sein Braunschweiger Amtskollege Friedrich Weber hatte bereits vor mehr als einer Woche den Fall der vietnamesischen Flüchtlingsfamilie aufgegriffen, um die Landesregierung abzumahnen. Und in der Gorleben-Sache musste Meister dem EKD-Vorsitzenden Nikolaus Schneider den Vortritt lassen, der Ende Oktober deutliche Worte gefunden hatte – nach einem gemeinsamen Besuch vor Ort. WIE