Haus- und Hofdienst: Polizei lässt Rocker zu sich kommen

In der Polizeiinspektion Oldenburg arbeitet ein Mitglied des Rockerclubs "Gremium MC". Laut Polizei soll er den Rockern abgeschworen haben.

Zu viel Nähe: Rocker der Gruppe "Gremium MC" und die Polizei Oldenburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die niedersächsische Polizei verfügt offenbar über bessere Kontakte zur Rockerszene, als Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lieb sein kann. Kaum hat der seinen ehemaligen Büroleiter, den zum Polizeipräsidenten aufgestiegenen Christian Grahl, zwangsversetzen müssen, weil der seinen Geburtstag in einem Hells-Angels-Lokal gefeiert hatte, droht dem Minister Ärger aus Oldenburg. In der dortigen Polizeiinspektion soll ein Mitglied der Rockergruppe "Gremium MC" beschäftigt sein, der Zugang zu vertraulichen Daten hatte.

"Mir wurde mitgeteilt, dass vor ca. einem Jahr bei der Polizeiinspektion Oldenburg ein Vorstandsmitglied des der organisierten Kriminalität zuzurechnenden Rockerclubs ,MC Gremium' als Gärtner eingestellt worden sei", heißt es in einem Brief an den niedersächsischen Landtagspräsidenten Hermann Dinkla (CDU), der der taz vorliegt. Der Mann, dessen Namen in dem Schreiben genannt wird, habe einen Generalschlüssel besessen und sei auch dafür zuständig gewesen, "Fernschreiben und Datenmüll der Spezialentsorgung zuzuführen".

Intern flog die Sache erst auf, als ein Polizist aus der Staatsschutzabteilung den Schlüsselanhänger mit dem Abzeichen des Rockerclubs bemerkte und Nachforschungen über den Mann anstellte. Die Polizeiinspektion reagierte, indem sie dem Rocker den Generalschlüssel abnahm und Spezialcontainer für den Datenmüll aufstellte.

Der Brief ist nicht namentlich unterzeichnet, sondern mit "ein erfahrener Beamter, dem die Mechanismen und Konsequenzen in der Polizei nur allzu vertraut sind, wenn er sich offiziell auf dem Dienstweg an seine Vorgesetzten wendet".

Die Sprecherin der Polizeiinspektion, Andrea Wreesmann, hat die Geschichte gegenüber der taz weitgehend bestätigt. Es handele sich bei dem Mann um einen "Haus- und Hofarbeiter", die Vernichtung von Datenmüll habe nicht "zu seiner direkten Stellenbeschreibung" gehört. Es könne aber "ausnahmsweise" dazu gekommen sein. "Es ist üblich, dass Haus- und Hofmitarbeiter vertretungsweise auch die Entsorgung von Papier- und Kleinmüll übernehmen."

Der Motorrad-Club wurde 1972 in Mannheim gegründet und befindet sich nach eigenen Angaben "in permanenter Weiterentwicklung".

Das Vereinsverbot in Baden-Württemberg von 1988 musste drei Jahre später wieder aufgehoben werden.

Neben der Teilnahme an Motorradrennen als "Black 7 Racing Team" sind Mitglieder des Rockerclubs wiederholt vor Gericht aufgefallen.

Aufsehen erregte im Frühjahr ein Prozess wegen des Verdachts auf versuchten Totschlag vor dem Landgericht Oldenburg.

Der Prozess endete mit milden Haftstrafen, weil sich das Opfer und andere Zeugen aus der Rockerszene angeblich nicht mehr erinnern konnten.

Ein Clubmitglied hatte im Gerichtssaal ein T-Shirt mit der Aufschrift "Verräter sind eine aussterbende Rasse" getragen.

Bei Bekanntwerden der Vorwürfe hätten die vorgesetzte Polizeidirektion und die Polizeiinspektion Oldenburg "wirklich unverzüglich reagiert", sagt Wreesmann. Der "Kollege" habe "eine schriftliche Erklärung und Versicherung darüber abgegeben", dass er sich von der Rockergruppe fernhalten werde. "Es liegen keinerlei Erkenntnisse darüber vor, dass er dem zuwidergehandelt hätte."

Einen Punkt will Wreesmann allerdings ausdrücklich "nicht bestätigen": Der Mann soll sich, zur Rede gestellt, mit dem Hinweis verteidigt haben, er verstehe die Aufregung nicht, schließlich sei eine Kriminalbeamtin der Polizeiinspektion mit einem "Gremium MC"-Chef liiert. "Wenn nur ansatzweise Erkenntnisse darüber vorlägen, wäre hier sofort gehandelt worden", sagt Wreesmann. Solche Fälle nehme die Polizei in Oldenburg "sehr, sehr ernst". Das Innenministerium wollte zu dem Fall vorerst keine Stellung nehmen.

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