Abschiebung vorerst ausgesetzt: Roma tauchen unter

Eine sechsköpfige Familie, die am Mittwoch in den Kosovo abgeschoben werden sollte, hat sich versteckt. Politiker und Flüchtlingsrat kritisieren Schünemann.

Wird aus allen Richtungen kritisiert: Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Bild: dpa

BREMEN taz | Niedersachsen wollte erneut eine Roma-Familie ins Kosovo abschieben. Die für Mittwochnacht angesetzte Rückführung nach Pristina scheiterte jedoch: Die sechsköpfige Familie Keqaj tauchte mit zwei chronisch kranken Kindern unter. Am Nachmittag dann setzte das Verwaltungsgericht Osnabrück die Abschiebung vorerst aus.

Zuvor hatten der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sowie die Oppositionsparteien Innenminister Uwe Schünemann (CDU) aufgefordert, die Keqajs in Deutschland zu lassen.

Die Familie lebt seit 2009 im Flüchtlingslager Hesepe bei Bramsche. Die Mutter leidet an Lungenproblemen, die siebenjährige Tochter hat an einen Herzfehler, der zehnjährige Sohn wurde wegen langer Migräneattacken in einem Osnabrücker Krankenhaus behandelt.

Kurz vor Weihnachten hatte die Ausländerbehörde ihnen die Abschiebung angekündigt. Die Keqajs sollen sich "ab 2 Uhr morgens bereithalten", hieß es in dem Schreiben.

"Eine Rückführung in den Kosovo in den Wintermonaten ist für eine sechsköpfige Familie eine schwere Hypothek", schrieb der Osnabrücker Caritasvorsitzende Gerrit Schulz, der für die Caritas in der niedersächsischen Härtefallkommission sitzt, im Auftrag des Bischofs an Schünemann. Die ärztliche und medikamentöse Behandlung der Kinder sei im Kosovo nicht gesichert. "Die Familie muss im Kosovo damit rechnen, den Winter in provisorischen Zeltlagern zu verbringen", fürchtet ihr Osnabrücker Anwalt Ralf Albrecht. Er beantragte beim Verwaltungsgericht, der Familie eine Duldung zu erteilen.

Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Filiz Polat appellierte an Schünemann. "Es ist für mich absolut unbegreiflich, warum die Landesregierung aus den Folgen ihrer rigorosen Abschiebungen, besonders in letzter Zeit, nichts gelernt hat", sagte Polat.

Schünemann wies die Kritik zurück. In Niedersachsen werde "niemand abgeschoben, bei dem beispielsweise eine ernsthafte Erkrankung vorliegt und aufgrund derer die Reisefähigkeit nicht gegeben ist", teilte er schriftlich mit. Die Kinder der Keqajs seien am 30. Dezember in Bramsche amtsärztlich untersucht worden. "Die Untersuchung hat ergeben, dass alle Kinder uneingeschränkt auf dem Land- und dem Luftweg reisefähig sind", so der Minister.

"Frei übersetzt heißt das: Sie werden den Flug überleben", sagte Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat. "Ob das Kind im Kosovo eine adäquate Behandlung erhält, interessiert das Innenministerium nicht."

Die Landtagsgrünen fordern wie die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einen "Wintererlass" für einen Abschiebungsstopp in den Kosovo in den kalten Monaten.

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