Gesundheit: Aufrüsten für den Schwertransport

Übergewichtige Patienten müssen manchmal per Kran aus der Wohnung gehievt werden. Ein Norderstedter Krankentransportdienst hat darum einen "Schwerlast-Krankenwagen" entwickelt.

Lassen sich nur schwer transportieren: übergewichtige Patienten. Bild: dpa

Vor wenigen Wochen in Hamburg-Hohenfelde: Ein 230 Kilogramm schwerer Mann muss ins Krankenhaus. Doch das Treppenhaus ist für den schwer übergewichtigen 35-Jährigen mittlerweile zu eng geworden. Rund 20 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Höhenrettung rücken an - und seilen den Patienten mit einer speziellen Trage aus dem Fenster ab. Ende November 2011 war es eine 330 Kilogramm schwere Frau, die mit einem Kran aus ihrer Wohnung gerettet werden musste.

Die Zahl der Übergewichtigen steigt - auch in Deutschland. Wenn Übergewichtige aber zu Patienten werden, wenn sie transportiert werden müssen, weil sie sich nicht bewegen können, stellt sich vor das gesundheitliche zunächst ein logistisches Problem.

Frage der Menschenwürde

"Notlösungen per Kran sind schwierig und zudem nicht immer menschenwürdig", sagt Michael Vollmer vom Krankentransportdienst KBA mit Sitz in Norderstedt. Um wenigstens den restlichen Transport menschenwürdig zu gestalten, hat der KBA einen eigenen "Schwerlast-Krankenwagen" entwickeln lassen, in den schwergewichtige Patienten auf der Liege oder im Bett hineingefahren werden können, die gleichfalls an höhere Gewichte angepasst sind.

Der neue Krankenwagen soll größtenteils zum Transport zwischen Krankenhäusern oder Krankenhaus-Abteilungen verwendet werden, Standort ist die Asklepios-Klinik St. Georg in Hamburg. Der Wagen könnte aber über Hamburg hinaus in Schleswig-Holstein und Niedersachsen eingesetzt werden. Mittelfristig plant der KBA, einen zweiten Wagen in Neumünster zu stationieren. Dieser könnte dann den Transport Übergewichtiger im Norden erleichtern.

Die Hamburger Feuerwehr, die für den Krankentransport in der Hansestadt zuständig ist, rüstet ebenfalls auf. Neben dem Bus, der bisher für übergroße Patienten verwendet wurde, soll Mitte Januar ein weiteres Fahrzeug in Dienst gestellt werden.

In der Regel rechnen die Krankentransportdienste Beiträge für die Spezialfahrzeuge ab. Die Krankenkassen kommen aber für diese Extra-Kosten auf, sagt Karla Frieben von der Techniker-Krankenkasse in Schleswig-Holstein: "Es ist wichtig, dass die Leute heil ins Krankenhaus kommen. Wenn dafür ein besonderes Fahrzeug notwendig ist, wird das selbstverständlich übernommen."

In anderen Bundesländern soll es schon vorgekommen sein, dass die Frage der Kostenübernahme vor Gericht entschieden werden musste, da sich die Beteiligten nicht einigen konnten, wer für den Schwertransport bezahlen muss. Der Streit brach vor allem dann auf, wenn die Patienten mit einem Kran oder anderen Spezialgeräten aus ihrer Wohnung geschafft werden mussten.

Wie viele Patienten tatsächlich einen Schwerlast-Transport brauchen, können weder der Rettungswagen-Betreiber noch die Kassen sagen. Auch die Krankenhäuser führen keine Statistiken zum Thema Übergewicht. Tendenziell scheint die Zahl übergewichtiger Patienten jedoch zu steigen. Nicht immer geht es dabei um Personen jenseits der 200-Kilo-Grenze: Normale Krankentragen sind bis etwa 160 Kilo belastbar und kippsicher, eine textile Trage bis 150. Ein Rettungshubschrauber startet nicht mehr, wenn der Patient über 140 Kilo wiegt.

Belastung für das Personal

Allerdings enden die Probleme nicht an der Krankenhaustür. Wie werden übergewichtige Patienten im Krankenhaus selbst transportiert? Welche körperliche Belastung bedeutet es für die Ärzte und das Pflegepersonal, wenn sie besonders schwere Menschen heben müssen? Wie ist es um die nötigen Geräte bestellt, halten sie Übergewichtige aus?

"Auch für die Kliniken sind übergewichtige Patienten eine Herausforderung", sagt Oliver Grieve, Sprecher des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, des größten Krankenhauses des Landes. Die Kliniken müssten sich auf die Gegebenheiten einstellen und entsprechende Betten, OP-Tische und Geräte vorhalten, sagt Grieve. "Aber wir sind im Grundsatz darauf eingestellt."

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