Gutachter mit Schlagseite

ELBPHILHARMONIE Ein Ingenieur, der Mängel beim Konzerthaus-Bau untersucht hat, war früher bei Hochtief beschäftigt. Der SPD-geführte Hamburger Senat möchte mit dem Baukonzern weiter zusammenarbeiten

Derzeit ruht der Bau, weil Hochtief das Aufsetzen des Dachs für zu riskant hält

Der Hamburger Senat hat Berichte dementiert, er wolle sich von dem Generalunternehmer für die Elbphilharmonie trennen. „Wir wollen die Elbphilharmonie fertig bauen, mit Hochtief und über alles andere reden wir nicht“, versichert Senatssprecher Christoph Holstein (SPD). Der Senat sei optimistisch, dass das auch klappe. Unterdessen wurde bekannt, dass bei Streitigkeiten über Baumängel des halbfertigen Konzerthauses ein möglicherweise befangener Gutachter hinzugezogen wurde.

Der Bau des Konzerthauses an prominenter Stelle im Hamburger Hafen hat sich um mehrere Jahre verzögert. Die Kosten haben sich verfünffacht. Der Baukonzern Hochtief, die Architekten Herzog & de Meuron sowie die Stadt streiten sich darum, wer für die Kostenexplosion und die Verzögerung verantwortlich ist. Derzeit ruht der Bau, weil Hochtief es für zu riskant hält, die Dachkonstruktion aufzusetzen. Experten der Stadtentwicklungsbehörde wollen heute ein neues Gutachten zur Statik des Daches vorlegen.

Bereits fertig aber mangelhaft ist der Tunnel, in dem eine Rolltreppe 85 Meter weit quer durch das Gebäude fahren soll. Die Tunnelwand hat Risse. Hochtief hat deshalb beim Gericht ein Gutachten beantragt, das klären soll, wer für die Risse verantwortlich ist. Mit dem ausführenden Subunternehmer einigte sich der Konzern auf einen Gutachter, von dem sich herausstellte, dass er bis vor gut 20 Jahren bei Hochtief angestellt war. Der heutige Professor der TU Berlin hat danach später noch mehrere Forschungsprojekte mit Unterstützung von Hochtief bearbeitet.

Der Gutachter stellte fest, dass 90 Prozent der Schäden auf Planungsfehler und zehn Prozent auf die schlechte Bauausführung zurückzuführen seien. Diese Einschätzung könnte auf die Architekten oder die Realisierungsgesellschaft (Rege) der Stadt zurückfallen, die für ein Teil der Planung verantwortlich sind. Sollen diese selbst klagen, könnten sie den Gutachter allerdings anfechten. GERNOT KNÖDLER