Freispruch für Mülltaucher

PROZESS Landgericht Lüneburg sieht zu wenig Beweise für Vorwurf des Hausfriedensbruchs

Er sammle auch, um dagegen zu protestieren, dass Lebensmittel vernichtet würden

Ein „Mülltaucher“, der in Lüneburg abgelaufene Kekse aus einem Container einer Großbäckerei gefischt hat, ist am Montag freigesprochen worden. In dem Prozess wegen Hausfriedensbruchs sei es allein darum gegangen, ob der Angeklagte Karsten H. in der Tatnacht unerlaubt das eingezäunte Betriebsgelände der Bäckerei betreten habe, betonte die Vorsitzende Richterin am Landgericht Lüneburg. Dies habe ihm jedoch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können.

Obwohl die Verhandlung als „Keks-Prozess“ öffentliche Aufmerksamkeit erregte, wurde nicht erörtert, ob es eine Straftat ist, abgelaufene Lebensmittel aus einem Container zu entwenden. Am Montag hatten zwei Wachmänner ausgesagt, die den Angeklagten und einen Begleiter außerhalb des Geländes festgehalten hatten. Zudem wurden Polizisten befragt, die einer der Wachmänner gerufen hatte.

In ihren Aussagen sah das Gericht jedoch Widersprüche und Erinnerungslücken. Die Richterin kritisierte, dass es versäumt worden sei, die Wachmänner zeitnah zu vernehmen. Sie seien erst in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Lüneburg formell befragt worden.

Das Amtsgericht hatte den 52-Jährigen zu einer Geldstrafe von 125 Euro verurteilt. Dagegen ging der Mann in Berufung. Karsten H. bezieht nach eigenen Angaben zurzeit keinerlei Einkommen. Er lebe vom „Containern“, sagte er. Er sammle auch deshalb aus dem Müll, um dagegen zu protestieren, dass immer wieder Lebensmittel vernichtet würden. Nach seiner Auffassung stand er auch wegen seiner Haltung als bekannter Atomkraftgegner vor Gericht.

Verfahren wegen des sogenannten „Containerns“ hat es in Deutschland schon einige Male gegeben. Sie wurden zumeist wegen Geringfügigkeit eingestellt. Das stand auch im Lüneburger Prozess mehrfach zur Diskussion. Die Staatsanwaltschaft hatte dafür zur Bedingung gemacht, dass sich H. umfassend zur Tat äußerte. Dies hat er jedoch nicht getan. (epd)