Die Theaterpuppenchefin

Die indischen Puppen mag sie am liebsten. Die sind nicht nur schön bunt, sondern auch irgendwie Furcht erregend – nein, eher: Respekt einflößend. Dabei war Martina Wagner, seit Januar Chefin des Lübecker Theaterfigurenmuseums, noch nie in Indien. Aber sie hat Thailand bereist und in Australien gearbeitet. „Da lernt man viel über kulturelle Unterschiede.“

Das heißt natürlich nicht, dass sie die Geschichten aller 1.000 gezeigten Figuren kennt. Aber das muss sie auch nicht. Etliche hat Museumsgründer und Sammler Fritz Fey ihr erzählt, und einige davon hat sie sich gemerkt. Und während dieser Reisen im Kopf wurde ihr auch klar, dass die Figuren nicht bloß Holz- und Stoff-Objekte sind: „Die haben einen Namen, eine Geschichte. Jede einzelne von ihnen hat gelebt. Und die Spieler mit ihr“, sagt Wagner.

Dabei dienten die meisten Figuren nicht der Unterhaltung. Vielmehr führte man rituelle Stücke und alte Epen mit ihnen auf, um Kontakt zu den Ahnen herzustellen. „Die Spieler tanzten mit den Figuren und erweckten sie so zum Leben“, erzählt Wagner.

Deshalb verstehe sie gut, dass keine der Figuren, die dem Museum verkauft oder geschenkt wurden, je wieder gespielt werden dürfe. Das habe, sagt Wagner vor allem mit Respekt vor dem Spieler zu tun. „Es soll nur jemand spielen, der einen Bezug zur Puppe hat.“

Ein kleines Universum also, das die 28-Jährige, die erst als Steuerfachangestellte arbeitete, dann in Bremen und Valencia Kulturwissenschaften studierte, managen muss. Und das, seit das Ehepaar Fey voriges Jahr aufhörte, weitgehend allein: Von der Akquise über die Ausstellungsplanung bis zur Buchhaltung macht Monika Wagner fast alles – mit ein, zwei Kollegen für Reinigung und Kasse. Das ist viel, aber es macht der quirligen Frau nichts aus. Denn für Kulturgeschichte habe sie sich schon immer interessiert, sagt sie. „Und wo kann man die besser kennenlernen, als in einem Museum mit Pupppen aus aller Welt?“ PS