DER RECHTE RANDWIE RECHTSEXTREME DIE ANGST VOR SEXUALSTRAFTÄTERN NUTZEN
: „Schütze deine Kinder“

Mobilisiert wurde über Facebook. Im niedersächsischen Wolfenbüttel sollte am vergangenen Wochenende eine „Demo gegen einen verurteilten, aber frei lebenden Kinderschänder“ abgehalten werden. „Deutschland, schütze deine Kinder!“ hieß es in dem sozialen Netzwerk, und dass der Treffpunkt später genannt würde. Die Initiatoren gehörten zur rechten Szene in der Kreisstadt, sagt David Janzen von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt.

Am Ende hatten mehr als 800 User auf Facebook ihr Interesse bekundet, gegen einen 36-Jährigen zu demonstrieren, der ein 12-jähriges Mädchen schwer missbraucht hat. Am Sonntag fiel der Auflauf erst mal aus: Die Polizei hatte den Initiator ausfindig gemacht und „ihm die Pflichten, die das Versammlungsrecht ergeben, dargelegt“, so Lutz Zeidler, Leiter des Einsatz- und Streifendienstes. Da sei es dem Mann „zu heikel“ geworden.

Schon oft seien die Rechten vor Wohnungen verurteilter oder angeblicher Straftäter gezogen, sagt Janzen. Vor wenigen Wochen erst, am 3. März, eskalierte in Leck (Kreis Nordfriesland) eine Kundgebung gegen einen verurteilten Sexualstraftäter. Dort hatte die rechte Szene den Protest ausdrücklich befeuert. Über ein Megaphon forderte eine Szeneangehörige die Todesstrafe und rief dazu auf, zur Wohnung des Mannes zu ziehen. Die Polizei musste den Mob stoppen.

In Ahrensburg vor den Toren Hamburgs suchen Rechtsextreme derzeit, sich an der Empörung über Missbrauchsfälle in der Nordelbischen Kirche zu beteiligen. Gezielt suchen sie die Nähe, klagt der Verein „Missbrauch in Ahrensburg“: „Auf unserer Facebook-Seite hatten Rechte ihre Parolen gepostet“, sagt der Vereinsvorsitzende Anselm Kohn. „Wir teilen nicht ihre Forderung nach Selbstjustiz und Todesstrafe.“

Der Demo-Initiator von Wolfenbüttel ließ derweil die Polizei wissen, er behalte sich vor, doch noch eine Aktion auszurichten.

ANDREAS SPEIT ■ arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland