Personalknappheit im Jugendamt: Angst vor dem Fehler

Mitarbeiter der Behörden berichten von Überlastung.

HAMBURG taz | Die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke warnt im Fall Anna* vor vorzeitigen Schuldzuweisungen. Die Personallage im zuständigen Jugendamt Hamburg-Wandsbek sei schlecht. „Zu sagen, Mitarbeiter hätten ihre Sorgfaltspflicht nicht wahrgenommen, ist zu einseitig.“

Durch eine parlamentarische Anfrage hat Blömeke erfahren, dass im größten der Hamburger Bezirke derzeit alle sechs Jugendamtsabteilungen „kollektive Überlastungsanzeigen“ gestellt haben – auch die im Stadtteil Steilshoop. „Wenn ein Mitarbeiter bei 70 Fällen gleichzeitig entscheiden muss, welchem er sofort nachgeht, wird er entweder krank oder es fehlt an Sorgfalt und Zeit in der Bearbeitung“, sagt Blömeke.

„Kollektive Überlastungsanzeigen gibt es seit Jahren“, sagt Sieglinde Friess, Fachsekretärin bei der Gewerkschaft Ver.di. Im Jahr 2009 erklärten alle 300 Jugendamtskollegen der Stadt öffentlich, sie könnten den Kinderschutz nicht mehr gewährleisten. Zwar kamen seither ein paar Stellen dazu – aber auch mehr Kontrolle und Formalien. „Die Belastung ist deshalb geblieben“, sagt Friess. „Die Mitarbeiter leiden darunter, dass sie zu wenig Hausbesuche machen können. Viele können am Wochenende nicht schlafen, aus Angst, sie tun zu wenig und machen Fehler.“

Der Bezirk Wandsbek bestätigt die Überlastungsanzeigen. Im Jugendamt Steilshoop gab es auch 2010 eine solche Erklärung, zwar nicht im Frühjahr, aber im Herbst. „Die Mitarbeiter weisen damit darauf hin, dass sie zu viel zu tun haben“, erklärt Vize-Bezirkschef Frank Schwippert. Die Anzeige habe auch „Schutzfunktion“, falls man es mit dem Staatsanwalt zu tun bekomme.

Die Hamburger Grünen wollen die Mitarbeiter gesetzlich vor Überlastung geschützt sehen: Die Fallzahl müsse auf 35 begrenzt werden. 

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