Shitstorm gegen Expansion

FLEISCHGESCHÄFT Im niedersächsischen Wietzen will Wiesenhof einen Schlachthof ausbauen. Gegner bringen das Genehmigungsverfahren mit Tausenden Einwendungen zum Stocken

Bei Wiesenhof selbst will man nur drei Protest-Mails bekommen haben

Auch in Niedersachsen wird Protest gegen den Geflügelfleischkonzern Wiesenhof geschlagen: Über 10.000 Protest-Mails gegen den geplanten Ausbau eines Wiesenhof-Schlachthofs in Wietzen sind in den vergangenen Wochen bei Niedersachsens Gewerbeaufsicht und beim Landkreis Nienburg eingegangen. Am Donnerstag reichten in Hannover Demonstrierende die letzten von über 1.300 offiziellen Einwendungen beim Gewerbeaufsichtsamt ein.

Von 140.000 auf 250.000 getötete Hähnchen pro Tag will der Konzern seine Produktion in Wietzen bis 2014 ausbauen. Dazu soll die bisherige Anlage abgerissen und mit höheren Kapazitäten neu gebaut werden. Auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) – wie bei Neubauten üblich – verzichtet die Gewerbeaufsicht allerdings. Dort läuft der Antrag als Erweiterung, wie ein Sprecher erklärt. Zudem sei eine UVP laut einer Vorprüfung nicht nötig, da der Umbau keine schutzbedürftigen Güter betreffe.

Das bezweifeln die Schlachthof-Gegner wie die Tierrechtsorganisation Peta oder die Initiative „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“: Sie werfen Wiesenhof nicht nur Tierquälerei, schlechte Arbeits- und Hygienebedingungen in seinen Mast- wie Schlachtbetrieben vor. In Wietzen befürchten sie zudem Umweltbelastungen wie steigenden Wasserverbrauch, Keim- und Lärmbelastungen und neue Maststallbauten in der Umgebung.

Einen ursprünglich für September geplanten Erörterungstermin hat die Gewerbeaufsicht angesichts der 1.300 Einwendungen bereits auf unbefristet verschoben. Christian Meyer, Agrarpolitiker der Landtagsgrünen, nennt das „einen ersten Erfolg“. Er warnt vor einem „Dumpingwettkampf der Schlachthofriesen“: Nur rund 60 Kilometer von Wietzen entfernt ist in Wietze seit Ende 2011 eine ähnlich umstrittene Schlachtfabrik in Betrieb.

Dort zeige sich, dass „der Markt gesättigt ist“, so Meyer. Nur die Hälfte der ursprünglich geplanten Kapazitäten fahre die Anlage, in die Investor Franz-Josef Rothkötter rund 60 Millionen Euro gesteckt hat. Attraktiver Standort für die Fleischbranche sei Niedersachsen nicht zuletzt wegen des Kurses der schwarz-gelben Landesregierung: Mit 6,5 Millionen Euro hat sie etwa den Rothkötter-Schlachthof subventioniert. Und auch sonst sei die Branche „politisch gewollt und durch lasche Umwelt- und Tierschutzvorgaben gefördert“.

Bei Wiesenhof selbst hält man sich zum Schlachthof-Ausbau in Wietzen bedeckt: Die Schlachtmengen wolle man trotz der beantragten Erhöhung von 140.000 auf 250.000 Tieren pro Tag nicht erhöhen, beteuert das Unternehmen. Zahlen zu geplanten Investitionen oder Arbeitsplätzen gibt es nicht. Auch vom Protest ist bei Wiesenhof offenbar wenig angekommen: Lediglich drei einschlägige E-Mails sind dort laut einem Sprecher eingegangen. THA