Statt Miete Blumen gießen

UNTERVERSORGUNG Kiel und Hamburg wollen Studierende bei Senioren oder Familien wohnen lassen, um so der Wohnraumknappheit entgegenzuwirken. Die Idee: kostenlose Zimmer gegen Haushaltshilfe

„Krass unterversorgt“ mit Wohnheimplätzen sei Schleswig-Holstein, sagt Benjamin Raschke, Studierendenvertreter im Studentenwerk. Nur für sechs Prozent der landesweit 50.000 Studierenden gibt es Wohnheimzimmer – im Bundesschnitt sind es zwölf. Nun setzt das Studentenwerk auf das Modell „Wohnen gegen Hilfe“, das im Norden unter dem maritimen Titel „Hand gegen Koje an Land“ daherkommt.

Dabei erhalten Studierende kostenlos ein Zimmer bei älteren Leuten oder Familien und verpflichten sich im Gegenzug, Haus- oder Gartenarbeiten zu leisten. Einrichtungen unter dem Dach der Wohlfahrtsverbände könnten sich nach Vorstellung des Studentenwerks ebenfalls beteiligen. Auch Hamburg erwägt ein solches Modell.

Die Initiative, Studierende privat unterzubringen, wird das Dauerproblem, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, vermutlich nicht lösen: „Wir hoffen auf eine Zahl im zweistelligen Bereich“, sagt Raschke. Bundesweit existieren „Wohnen gegen Hilfe“-Angebote nach Angaben des Studentenwerks in 14 Städten. Besonders erfolgreich ist es in Freiburg, wo rund 240 Studierende privat untergebracht sind.

Um Studierende und Zimmer-Anbieter zusammenzubringen, hat das Studentenwerk Fragebögen entworfen. Die Stadt Kiel, die Allgemeinen Studierenden Ausschüsse (Asten) und der Hausbesitzerverband „Haus und Grund“ unterstützen den Vorstoß. Neben der rein praktischen Unterbringung geht es auch um einen Weg, Nachbarschaftshilfen zu organisieren und eine Brücke zwischen den Generationen zu bauen. Damit kein Streit aufkommt, ist festgelegt, dass pro Quadratmeter Wohnraum eine Stunde Arbeit im Monat geleistet wird, sagt Astrid Dürkoop vom Studentenwerk. Die Wohlfahrtsverbände, die das Studentenwerk ebenfalls ansprechen will, sind aber skeptisch: „In den Einrichtungen stehen keine leeren Wohnungen oder Unterkünfte zur Verfügung“, sagt Michael van Bürk, Sprecher des Diakonischen Landesverbandes.

Auch Hamburg hatte erwogen, dem Kieler Vorbild zu folgen. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt sei in diesem Jahr besonders „dramatisch“, sagt der Sozialreferent des Asta, Maarten Thiele. Die Reaktion auf den Vorschlag, Studenten in Privatwohnungen älterer Leuten unterzubringen, ist aber in Hamburg bislang eher verhalten.  EST/LKA