Von „Affenmenschen“ und „Arschlöchern“

„Wahlalternative“ streitet nach Rücktritt von drei Vorstandsmitgliedern weiter um trotzkistische Unterwanderung und Fäkalsprache. Ex-SPD-Bundestagsabgeordneter Hans Wallow als Spitzenkandidat für NRW-Landtagswahl im Gespräch

WUPPERTAL taz ■ Da waren es wieder Fünfzehn. Nach dem Rücktritt von drei Vorstandsmitgliedern füllt die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) ihr NRW-Führungsgremium wieder auf. Für die im Streit geschiedenen Aktivisten Hans-Georg Pieper (Köln), Sarah Tapp (Krefeld) und Peter Jaszczyk (Bottrop) rücken Rainer Spilker (Minden), Edith Bartelmus-Schloich (Krefeld) und Günter Blocks (Oberhausen) als kooptierte Mitglieder in den WASG-Vorstand nach.

Am Donnerstagabend debattierte die Landesspitze über den Abgang von Ex-Opel-Betriebsrat Jaszczyk. „Das Gremium hat den Rücktritt akzeptiert. Alle Opelaner sind aber herzlich willkommen“, so WASG-Landessprecher Hüseyin Aydin gestern zur taz. Die Entscheidung über die Bildung einer Opel-Betriebsgruppe Bochum werde wie geplant am 15. Dezember fallen. Damit scheint eine Rückkehr Jaszczyks zur WASG ausgeschlossen. Jaszczyk hatte eine schnelle Entscheidung zur Bedingung für seine weitere Mitarbeit gemacht. „Ein solches Ultimatum können wir in einer demokratischen Organisation nicht akzeptieren“, sagt Aydin.

Noch nicht ausgestanden ist der Streit nach dem Rücktritt des Vorstandsmitglieds Hans-Georg Pieper. Pieper hatte gegen eine angebliche Unterwanderung der WASG durch die Sozialistische Alternative Voran (SAV) angekämpft. Die trotzkistische Organisation hat in Nordrhein-Westfalen 70 Mitglieder und versteht sich als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse. „Die WASG-Gruppen Aachen und Köln werden von denen dominiert“, so Pieper. „Der ist vor allem zurückgetreten, weil er sich schwer im Ton vergriffen hat“, sagt hingegen ein führendes Mitglied der WASG-NRW. Pieper habe Andersdenkende in einer Vorstandssitzung als „Affenmenschen“ bezeichnet. Der Kölner widerspricht dieser Darstellung. Er habe mit Blick auf die SAV-Unterwanderung gesagt: „Ich lasse mir die Wahlalternative von diesen Affen nicht kaputt machen.“ Eigentlich habe er „Arschlöcher“ sagen wollen. Niemals würde er Nazi-Begriffe wie „Affenmensch“ oder „Untermensch“ in den Mund nehmen, so Pieper. Auch weil er jüdische Wurzeln habe. „Familienmitglieder von mir waren in Buchenwald.“

Der WASG-Landesvorstand kehrte am Donnerstag demonstrativ zur Sacharbeit zurück. Eine Kommission bereitet die Landtagswahl-Teilnahme 2005 vor und erarbeitet derzeit ein Wahlprogramm. Im Januar sollen dann auf Parteiversammlungen in Dortmund und Düsseldorf die Kandidaten für den Urnengang am 22. Mai gewählt werden.

Ebenfalls im Januar soll der Spitzenkandidat bestimmt werden. Im Gespräch ist der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Hans Wallow. Der Bonner hatte die Gründungsversammlung der WASG-NRW in Duisburg als jovialer Sitzungsleiter über die Bühne gebracht. Wallow schließt eine Spitzenkandidatur nicht aus: „Wenn der Karren will, dann ziehe ich.“ Ein WASG-Spitzenkandidat Wallow hätte viel Arbeit vor sich. Laut einer neuen Forsa-Umfrage liegt die Wahlalternative in NRW derzeit bei null Prozent. MARTIN TEIGELER