ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: In Salzburg wär ich gern geblieben

Zeitgleich zu Bayreuth starten auch in Salzburg am Wochenende die Festspiele. Bayreuth und Salzburg, das ist alte, große Rivalität. Als die Nazis 1933 die Macht in Deutschland übernahmen, waren die Wagners aus Bayreuth in Einklang mit dem Regime. Die „verjudeten“ Salzburger Festspiele des Max Reinhardt hingegen waren Hitler und seinen Bayreuther Kulturkumpels verhasst. 1938 übernahmen die Nazis Österreich und so auch die Salzburger Festspiele.

Max Reinhardt blieb im Exil und Wilhelm Furtwängler dirigierte im Festspielsommer 1938 Wagners „Meistersänger“ in Salzburg. Joseph Goebbels betonte in seiner Festrede die Bedeutung von Salzburg als Spielstätte. Dirigenten wie der Italiener Arturo Toscanini kamen nicht mehr nach Salzburg und der „jüdische“ „Jedermann“ wurde von einem „arischen“ „Egmont“ abgelöst.

Wie das schmucke Salzburg nach 1945 damit umging, dass es eine Hochburg der österreichischen Deutschnazis war, davon spricht der 2009 im Czernin Verlag erschienene „Reiseführer durch die braune Topographie von Salzburg – Im Schatten der Mozartkugel“. Er gehört ins Handgepäck eines jeden Festspielbesuchers und macht auf wenigen Seiten klar, mit welcher Mentalität man bis heute hier zu rechnen hat.

Festspielleiter Gerard Mortier konnte in den 1990ern mit dem Wolfgang-von-Karajan-Kult brechen. Doch wie schwer sich Salzburger mit der Vergangenheit bis heute tun, machte ein Gedenktafelstreit 2001 deutlich. Die Stadt hatte den Satz Theodor Herzls „In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu“ anbringen lassen, wollte aber Folgendes weglassen: „Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden. Deshalb nahm ich damals von Salzburg und der Rechtsgelehrsamkeit Abschied.“

■ Der Autor leitet das Kulturressort der taz. Im Land Salzburg ist er geboren. Foto: privat