ANDREAS FANIZADEHLEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Weiße Nacht über Haider

Ein Jahr ist es nun her, dass mit Jörg Haider eine der schillerndsten Figuren des europäischen Rechtspopulismus in den Tod raste. Berauscht, in der Nacht zum 11. Oktober, auf den Weg ins Bärental. Seither ranken sich Legenden um das Ableben des Kärtner Landeshauptmanns im robusten Phaeton, sogar Mordtheorien werden in Buchtiteln geführt. Und am Wochenende eröffnet ein Haider-Museum in Klagenfurt.

Haider führte ein ordentliches Familienleben und daneben ein unordentliches. Sein damaliger enger junger Freund und BZÖ-Chef, Stefan Petzner, brach beim Tod des „Lebensmenschen“ Haider öffentlich zusammen. Die Rechtsparteien FPÖ und BZÖ leider nicht. „Goldhaubenfrauen, Schützengardisten, Brauchtumsgruppen, Kavalleristen“, singen die Goldenen Zitronen auf ihrem neuen Album in „Des Landeshauptmanns letzter Weg“ über „die Stadt der Klage“, Kärntens Landeshauptstadt Klagenfurt.

Der Schriftssteller David Schalko – er drehte mit Wolf Hader die Serie „Aufschneider“ – spürt dem bizarren Haiderismus aus aktualisierten NS-Styles und Männerbünden nun in dem außerordentlichen Roman „Weiße Nacht“ (Czernin, 2009) nach. Das Private war bei den Haiders politisch. Wie, das beschreibt Schalko literarisch distanziert, satirisch überhöht am Rand der Borderline. Dagegen sind kaum Unterlassungsklagen des Clans möglich. Schalko hat schließlich fein verfremdet. Sein sprachlich-analytisches Gespür bringt zudem obskure Bilder hervor: „Na, ist das Fohlen traurig? – Von hinten galoppierte die Landesmutter heran.“

Der Autor leitet das Kulturressort dieser Zeitung Foto: Privat