Wanzen laufen in Bremen frei herum

Der Prozess gegen zwei selbst ernannte Bremer Privatdetektive wegen versuchten Anhörens und Betrug endet mangels Beweisen mit Freisprüchen: Über Hintermänner und Motive in der CDU-Wanzengate-Affäre darf weiter spekuliert werden

Bremern taz ■ Freispruch aus Mangel an Beweisen, das war gestern das Urteil in dem mit Spannung erwarteten Bremer „Wanzenprozess“. Zwar wurde ausgiebig das Vernehmungsprotokoll des ehemaligen Stasi-Mitarbeiters Ralf Beyer verlesen, der die Wanzen eingebaut hatte und detailliert beschrieb, wie er dafür den Auftrag von den beiden Bremer Angeklagten Klaus U. und Gero R. bekommen hatte. Aber da Beyer angekündigt hatte, er wolle wie die Angeklagten in der Hauptverhandlung von seinem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch machen, waren Nachfragen nicht möglich. Staatsanwaltschaft und Gericht waren sich einig in der Einschätzung, dass dieses Vernehmungsprotokoll als Grundlage für eine Verurteilung nicht ausreichen würde.

Beyer hatte in seiner ersten Vernehmung auch eine andere Version geliefert und jede Beteiligung abgestritten. Erst als die Kripo ihm nachweisen konnte, dass er die Wanzen bestellt und bezahlt hatte, räumte er das ein und bezeichnete die beiden Bremer als seine Auftraggeber.

„Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben dazu beigetragen, dass über Monate in erheblich rufschädigender Weise über meine Rolle im Zusammenhang mit der illegalen Lauschaktion im CDU-Haus spekuliert worden ist“, erklärte der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff zum Ende des Verfahrens. Nun werde er auch nicht als Zeuge gehört. „Ich bedauere ausdrücklich, dass die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu diesem auch für mich unbefriedigenden Ergebnis geführt hat.“

Richter Hans Ahlers hatte bei seiner Begründung des Freispruchs erklärt, das Ergebnis sei „unbefriedigend“, weil „Spekulationen darüber, wer was getan hat, bis hinein in den politischen Bereich, andauern könnten.“ Es sei aber auch nicht Aufgabe des Gerichts, „CDU-Interna aufzuklären“, sagte Ahlers.

Anstelle der Polizei habe der CDU-Vorsitzende Bernd Neumann das eine Abhörgerät von einem Handwerker ausbauen lassen, sagte Ahlers. Weil dabei Spuren vernichtet worden seien, hätten die Ermittlungen in diesem Fall „einen ganz schlechten Start“ gehabt.

Für den vernehmenden Kripo-Beamten, der gestern als Zeuge vernommen wurde, war die Aussage des Berliner Wanzen-Experten in sich plausibel. Der Angeklagte U. habe ihm im CDU-Haus gesagt, in welchen Zimmern die Wanzen eingebaut werden sollten, hatte der zu Protokoll gegeben. U. hatte von Eckhoff den Auftrag erhalten, die CDU-Räume auf Abhör-Einrichtungen hin zu überprüfen. Da U. selbst dafür keinen Sachverstand hatte, hatte er den Berliner Experten beauftragt. Ein tiefer gehendes Motiv oder auch andere Hintermänner vermutete der bei U. nicht: „U. hat nur die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen“, hatte Beyer zu Protokoll gegeben. „Herr U. ist mit allen Wassern gewaschen, mehr möchte ich nicht sagen.“

Am Tag des Einbaus der Wanzen im November 2000, berichtete Beyer, habe U. ihn auch gefragt, ob man von einem Haus im Hinterhofbereich des CDU-Büros die Sender abhören könnte. Zwei Jahre später habe er Abhörgeräte auf die CDU-Frequenzen einstellen und liefern sollen. Offenbar hätten U. und R. damit aber nicht umgehen können.

Das passt jedenfalls mit dem Ergebnis der Hausdurchsuchungen bei U. zusammen: Es wurde allerhand merkwürdiges und dubioses Material gefunden, aber keinerlei Tonträger mit Abhörprotokollen. Beyer war davon ausgegangen, das der Angeklagte U. ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sei, berichtete er bei der Vernehmung. Erst am Tag des ersten Kripo-Verhörs sei ihm bekannt geworden, dass es sich um einen „unehrenhaft entlassenen Kripobeamten“ handele.

Der Angeklagte R. hatte während der Kripo-Ermittlungen den Wanzen-Experten Beyer in Berlin besucht und mit 1.500 Euro bar auf die Hand lange fällige Außenstände beglichen. kawe