Die alten Jungen

In der Bürgerschaft hat das Jugendparlament getagt. Es wurden Resolutionen verabschiedet, die auch einem CDU-Altentreffen gut angestanden hätten.

von Felix Zimmermann

Früher, sagt Anja Stahmann, waren die Beschlüsse des Jugendparlaments ernstzunehmende Anregungen, über die in der Bürgerschaft diskutiert wurde. Manch Beschluss – wie etwa das Wahlrecht ab 16 – fand sogar Niederschlag in Anträgen, über die das Parlament abstimmte.

Heute kann Anja Stahmann, Bildungsexpertin der Grünen in der Bürgerschaft, nur noch schmunzeln über das Jugendparlament, das bis gestern getagt hat. 13 Resolutionen haben die Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 21 Jahren verabschiedet, und einige erzeugen Stirnrunzeln.

Die 83 Jugendlichen, die mit der Aktion „Jugend im Parlament“ Gelegenheit bekommen sollen, parlamentarische Arbeit zu erleben und Stellung zu beziehen zu Themen, die sie bewegen, haben einige steil-konservative Forderungen verabschiedet – die klingen so, als habe die Altengruppe der CDU unter Vorsitz ihres Ehrenpräsidenten und Innensenators a. D. Thomas Röwekamp getagt. Die Jugendlichen wollen eine deutliche Aufstockung des Polizeipersonals, damit die Polizei wieder stärker auftreten könne. Schließlich würden Polizisten von Jugendlichen nicht mehr als Respektpersonen betrachtet, heißt es in der Resolution. Damit einher geht die Forderung nach einer Erhöhung der Beamtenbesoldung um drei Prozent. „Die Polizei bildet das Rückgrat eines jeden Staates und hat eine dementsprechende Besoldung verdient“, schnarrt es aus dem Jugendparlament. Erstaunlich auch die Beschlüsse zur Bildungspolitik: Abschaffung der Gesamtschule, Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems, da das „auf den zukünftigen Lebensweg vorbereitet“.

Verwunderlich sind die Beschlüsse allerdings kaum, denn das Jugendparlament 2007 lag fest in der Hand konservativer, CDU-naher oder von der CDU absorbierter Jugendlicher.

Lisanne Willmann, 15-jährige Gymnasiastin aus Bremerhaven und Abgeordnete des Jugendparlaments etwa hat beobachtet, dass unter den Jugendlichen „viele CDU-Leute waren“, die dort ihre Mehrheiten locker ausspielten. So wurden als Experten aus den Bürgerschaftsfraktionen fast ausschließlich CDU-Abgeordnete geladen, Meinungsvielfalt wurde unterbunden. Als es um die Innere Sicherheit ging, erläuterte Wilhelm Hinners (CDU) die Vorzüge konservativer Sicherheitskonzepte, zur Schulpolitik wurde der CDU-Abgeordnete Claas Rohmeyer geladen. Laut Lisanne Willmann warb er geradezu für Gymnasien und Privatschulen. „Er beeinflusste uns“, sagt sie, und hätte es gut gefunden, wenn auch Vertreter anderer Fraktionen geladen worden wären. Willmanns Eindruck wird gestützt vom Grünen-Abgeordneten Björn Fecker, der der Plenarsitzung beiwohnte. Als ein Jung-Abgeordneter die Vorzüge der Gesamtschule darstellen wollte, tönte es aus dem konservativen Lager: „Die Gesamtschule ist der Sozialismus des Bildungssystems“. Der Beschluss gegen diese Schulform wurde dann mit klarer Mehrheit gefällt. Offenbar, vermutet Fecker, habe die Junge Union ihre Anhänger mobilisiert. Das sei aber nicht Sinn der Sache, denn das Jugendparlament sei „eine offene Sache, um allen Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, die Arbeit im Parlament kennen zu lernen“.

Anja Stahmann sagt, sie wäre gern eingeladen worden, dann hätte man vernünftig diskutieren können. Das Jugendparlament 2007 wird in der Bürgerschaft wohl kaum für Anregungen sorgen. Außer bei der CDU.