Loske will Plastiktüten verbieten

Bremens Umweltsenator will Plastiktüten in Deutschland und Europa verbieten – oder mit einer drastischen Umweltsteuer teurer machen als Jute-Taschen. Der Bundesumweltminister winkt ab

Von Klaus Wolschner

Ruanda macht es, Tansania ist voll dabei, Australien will sie bis 2010 abschaffen und Frankreich arbeitet seit 2005 daran. Nun ist auch Bremen initiativ: Die Welt soll plastiktütenfrei werden. In der „Bild am Sonntag“ platzierte Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) seine Forderung – und am Montag hatte er eine bundesweite Resonanz wie mit keinem anderen Thema seiner bisherigen Regierungsarbeit: Alle berichteten – von Radio Charivari bis zur Fuldaer Zeitung.

In Australien hatte Umweltminister Peter Garrett angekündigt, dass der Kampf gegen die Plastiktüten noch in diesem Jahr beginnen soll. Nun müssten „Deutschland und Europa“ folgen, forderte Loske, weil die Plastiktüte „Symbol für die Wegwerfgesellschaft“ sei. Die Beutel gehörten „nicht in den Hausmüll, sondern auf den Müllhaufen der Geschichte“. Der Umweltsenator wies auf die mit hohem Energieaufwand hergestellten Tüten hin, die Landschaften verschandelten und oft zum Tod von Wildtieren führten.

In Frankreich hatte man sich 2005 zum Ziel gesetzt, bis 2010 eine Alternative zu schaffen – „Néosac“ war der Name eines Polyethylen-Produktes, das vollständig in Wasser, Kohlendioxid und Biomasse zerfallen sollte. Inzwischen ist es aber still geworden um den „Néosac“, die Tests sind offenbar nicht so gut ausgegangen. In San Francisco jedoch wurden Plastiktüten dagegen per Stadtratsbeschluss schlicht verboten. Insgesamt werden in den USA schätzungsweise 86 Milliarden Plastiktüten im Jahr verbraucht.

„Für uns ist die Plastiktüte kein Thema“, sagt dagegen der Sprecher von Bundesumweltminister Siegmar Gabriel: „Wir sehen für ein Verbot keinen Anlass.“ In Deutschland sei die Frage eindeutig durch die Verpackungsverordnung geregelt. Plastiktüten kosten Geld, für sie muss eine Abgabe für den Grünen Punkt gezahlt werden – also landeten sie nicht „irgendwo in der Landschaft“, wie vielleicht in Australien, sondern ordnungsgemäß im Gelben Sack. Meistens jedenfalls. Die wenigen Tüten, die daneben gehen, seien die Debatte nicht wert, findet Umweltstaatssekretär Michael Müller (SPD). Für ihn ist der Loske-Vorstoß ein Fall von „Aktionismus“. Im Zweifelsfall müsse das Umweltbundesamt (UBA) zu Rate gezogen werden.

Dort hat man vor Jahren einen Vergleich von Papier- und Plastiktüte gemacht und festgestellt: Die Umweltbilanz ist von beiden ähnlich schlecht. Solange nicht tausende von Tüten im Wald landen, sei das Problem „marginal“, sagt UBA-Experte Wolfgang Beier. Wer einen Kilometer mit dem Auto zum Einkaufen fährt, produziere damit mehr CO2 als bei der Herstellung einer Plastiktüte freigesetzt wird.

Die Akzeptanz von Plastik-Tüten steigt in Deutschland wieder, sagt Loske dagegen. Vor allem aber sei es ein Problem, wenn an der Kaufhaus-Kasse die Papiertüte genauso viel kostet wie die Plastiktüte und deutlich weniger als die Stofftüte. Zumindest müsste die Plastik-Tüte also teurer werden durch eine Steuer – ähnlich der Alkopop-Steuer.

Loske hatte die Kolumne schon vor Wochen geschrieben und war überrascht davon, dass sie jetzt gedruckt wurde. Aber mit der Resonanz ist er zufrieden: „Unsere Initiative schlägt Wellen und das ist gut so.“