Munter dabei: Frey Nummer zwei

Theater stellt Pläne für zweite Spielzeit unter neuer Führung vor – unterstützt von über 20-prozentigem Abo-Zuwachs

Drohende Tarifsteigerungen? Das werde man hinter den Kulissen schon zu regeln wissen, sagt Intendant Hans-Joachim Frey, der auch angesichts gesunkener Zuschüsse demonstrativ Ruhe bewahrt. Nicht umsonst konstatiert Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) ein „völlig neues Verhältnis“ zwischen Politik und Theater. Im Duett sangen sie anlässlich der Spielplan-Präsentation gestern das Lob der „stillen Diplomatie“.

Zwar übt die Theaterleitung nach wie vor den rhetorischen Spagat, sich einerseits im – durch Klaus Pierwoß erarbeiteten – Titel „Opernhaus des Jahres“ zu sonnen, andererseits unermüdlich die „Neuorientierung“ des Hauses zu betonen, das „wieder“ zum kulturellen Zentrum werden solle. Auch wenn es zuvor keineswegs im Abseits stand – die aktuellen Zahlen sind in der Tat vorzeigbar: Statt des üblichen Rückgangs nach einem Wechsel gab es in der ersten Hälfte von Freys Einstands-Spielzeit vier Prozent mehr BesucherInnen. Bemerkenswert ist insbesondere die Abo-Steigerung um 21 Prozent.

Um auch bei den Einmal-BesucherInnen zu punkten, stellte das Haus den Spielplan 08/09 als bundesweit eines der ersten Häuser vor: In Berlin beginnt die Internationale Tourismusbörse, unter anderem soll dort fürs „Marie Antoinette“-Musical geworben werden.

Mit 32 Premieren liegt das Output-Niveau unter Frey auch künftig höher als zuvor. In der Tanz-Sparte spielt dabei die Kooperation mit Oldenburg eine Rolle, die Premieren werden wechselseitig übernommen. Das Spektrum der 13 geplanten Schauspielpremieren ist viel versprechend. Hausregisseur Christian Pade, in Sachen Kritikergunst noch nicht eben durchgestartet aber von Frey wegen seines „subtilen Stils“ samt „liebevoll zu enträtselnden Botschaften“ gelobt, widmet sich zweimal der „Wahrheitssuche“: In Kleists „Zerbrochenem Krug“ und in „Das stille Kind“ von Martin Crimp – einem Drama um eine überforderte Mutter, wegschauende Nachbarn und getäuschte Sozialarbeiter.

Selbst die anfangs eher belächelte Fokussierung auf zwei „Schwerpunkt“-Länder pro Spielzeit gewinnt an Sinnhaftigkeit. Während die geografische Zuordnung der Produktionen derzeit eher oberflächlich wirkt, hat diesmal ein Arbeitskreis ausgelotet, wie die Themen Assimilation und Integration darstellbar sind: Neben Frankreich steht die Türkei im Mittelpunkt. Mit „Gegen die Wand“, komponiert von Ludger Vollmer nach Fatih Akins Vorlage, kreiert das Haus nebenbei noch das Genre „die Oper zum Film“.

Ohnehin spielt Frey gern die Promi-Karte: Katharina Wagner inszeniert „Rienzi“ aus der Feder ihres Urgroßvaters, Peter Ruzicka sein eigenes Werk „Celan“.

Das „Moks“ wagt mit „Alles für das Feuer“ einen weit gefassten Rückgriff: Die Sprechoper reanimiert die Tristan&Isolde-Geschichte für Jugendliche. Der derzeitige Auslastungsstand im Nachwuchsbereich lässt sich dem kaufmännischen Direktor Wolfgang Patzelt zufolge auf 42.000 hochrechnen: ein komplett ausverkauftes Weserstadion. Henning Bleyl