Fußball ohne Kalorienverbrauch

Weil er in seiner Liga boykottiert wird, steigt der Gröpelinger SV Mardin ohne zu spielen in die nächste Klasse auf. Friedensverhandlungen mit dem Verband scheiterten, denn Mardin sieht sich im Recht

„Es ist klar, dass Leute von uns Mist gebaut haben. Aber die sind alle nicht mehr bei uns.“

von Christian Jakob

Eine Art sportliche Eiszeit erlebt die Fußball-Kreisliga: Seit Anfang der Saison wird der SV Mardin aus Gröpelingen von den anderen Mannschaften boykottiert – und ist deshalb Tabellenerster. Nun scheiterte ein letzter Vermittlungsversuch des Bremischen Fußball-Verbandes (BFV).

Weil die anderen Mannschaften nicht antreten, gewinnt Mardin offiziell jedes Spiel mit 2:0. Dem Verein ist der Aufstieg in die Bezirksliga im Sommer sicher. Kürzlich machte der BFV Mardin folgendes Angebot: Der Boykott wird aufgehoben – wenn Mardin die kampflos erworbenen Punkte zurückgibt und auf den Aufstieg verzichtet. Doch Mardin lehnte ab.

Der Hintergrund des Boykotts: Bei einer Begegnung von Mardin und dem FC Mahndorf im Juni vergangenen Jahres wurde der Schiedsrichter nach dem Spiel zusammengeschlagen und erlitt schwere Verletzungen. Hierfür sollen Spieler und der hernach entlassene Trainer von Mardin verantwortlich sein.

Seitdem sind die Spiele des SV Mardin eine eintönige Angelegenheit. Die Mardiner Elf findet sich zu den anberaumten Zeiten auf dem Fußballplatz ein. Umziehen müssen sich die Kicker nicht. Denn bei Heim- wie auch bei Auswärtsspielen erscheint außer ihnen nur ein Verbandsfunktionär. Der kontrolliert die Spielerpässe, der Trainer von Mardin füllt den Spielbericht aus – und das war‘s. Eine Ausnahme bildete die Partie gegen den BTS Neustadt 2 Anfang März. Die Neustädter brachen den Boykott und erschienen zum Spiel. Allerdings musste die Partie gestoppt werden, weil sich zwei BTS-ler bei dem Spiel verletzten. Dies gelang ihnen jedoch, wie übereinstimmend berichtet wird, ohne Zutun ihrer Gegner.

Um diesem Zustand ein Ende zu setzen, ging der BFV – nach seiner Darstellung – in die Offensive. Doch trotz „unendlich vieler Gespräche“ habe Mardin sich geweigert, auf die Punkte zu verzichten, klagt BFV-Sprecher Michael Jacobi. In einem offenen Brief schreibt BFV-Präsident Dieter Jerzewski, er sei „sehr enttäuscht“, dass Mardin sein Angebot abgelehnt habe. „Das Opfer, das Ihnen abverlangt wurde – der Verzicht auf den Aufstieg – wäre gering gewesen im Vergleich zum Schaden, den Sie im Fußball-Verband angerichtet haben“, so Jerzewski weiter.

„Und jetzt geht das munter so weiter. Die kassieren die Punkte gegen die Mannschaften, die nicht gegen sie spielen wollen“, sagt Verbandssprecher Jacobi. Der BFV sei machtlos: „In unseren Statuten gibt es keine Klausel, die in solchen Fällen die Wertung aussetzt.“

Der Verband will eine Strafanzeige gegen die Schiedsrichter-Schläger stellen. Doch die konnten bisher nicht ermittelt werden. „Mardin hätte da mehr zur Aufklärung beitragen müssen“, sagt Jacobi. „Deswegen haben wir uns zu dem Boykott entschlossen.“

Die Gewalttaten beim Mahndorf-Spiel sind keine Besonderheit: „Allein in dieser Spielzeit gab es mindestens bei drei anderen Vereinen schwere Schlägereien bei Spielen – und die werden auch nicht boykottiert“, sagt der Präsident des SV Mardin, Süleyman Gülpinar. „Wir wissen wirklich nicht, wer genau damals zugeschlagen hat. Und deshalb haben wir uns von allen Spielern getrennt, die dabei gewesen sein könnten“, so Gülpinar weiter. „Es ist klar, dass Leute von uns Mist gebaut haben, aber die sind alle nicht mehr bei uns. Wir haben unseren Trainer entlassen und unseren Vorstand neu gewählt.“ Zudem, so Gülpinar, habe der SV Mardin sich „mehrfach und öffentlich bei dem Schiedsrichter, dem Verband und den anderen Mannschaften entschuldigt“.

Dass sie die Punkte zurückgeben sollten, sieht Gülpinar deshalb nicht ein. „Die anderen Mannschaften wollten nicht antreten. Hätten die Spiele stattgefunden, hätten wir vielleicht gewonnen.“ Mardin sei in den letzen Jahren immer auf Tabellenplatz „drei oder vier gewesen. Und dieses Jahr haben wir unsere Mannschaft verstärkt“.