Todernster Wanderprediger

Verderbtheit, Versuchungen und Vergebung: Am Sonntag malt Ex-„16 Horsepower“-Mastermind David Eugene Edwards mit seiner aktuellen Band „Woven Hand“ in der Fabrik vor allen armen Sündern den Teufel an die Wand

Den Herrn einen guten Mann sein lassen, dass fällt David Eugene Edwards schwer. Selbst den Teufel fürchtet der Musiker aus Colorado bei weitem nicht so wie seinen Gott. Schon als Mastermind der vor drei Jahren aufgrund von Unstimmigkeiten „spiritueller Art“ aufgelösten „16 Horsepower“ kündete der nicht selten komplett schwarz Gewandete, mit seinem mittelgescheitelten flachsblonden Haar wie eine Mischung aus Totengräber und Wanderprediger Daherkommende in nahezu jedem Stück von der uns unverdient zukommenden Gnade des Schöpfers, seinem Widersacher, der Sünde, der Erlösung.

Anders allerdings als beim fröhlichen Christian Rock ist auch bei Edwards aktueller Band „Woven Hand“ – als „16 Horsepower“-Nebenprojekt entstanden und schnell zur Nachfolgeband gereift – auffällig selten vom Erlöser die Rede. Und Gott wird nicht schlicht lobgepriesen. Wo „Woven Hand“ auftritt, braut sich ein geradezu alttestamentarischer Sturm am Horizont zusammen. Stets gemahnt die Musik an die drohende Apokalypse, kündigt ein Banjo Unheilvolles an, darüber des Predigers zittrig-fiebrige Stimme, die im Angesichts des Weltgerichts eher berichtend als mahnend von der eigenen und der gesamten Gattung Verderbtheit, den Versuchungen des Bösen, dem inneren Ringen erzählt. Wohlgemerkt: nicht als Anklage, sondern mit jeder Zelle des ach so schwachen Fleisches um Vergebung und Erlösung flehend.

Wo andere mit christlichen Symbolen kokettieren, ist es David Edwards, tief geprägt durch seine Kindheit in der methodistischen Kirche des Nazareners, ernst damit, todernst. Insbesondere vom Großvater, jenem Feuer-und-Schwefel-Wanderprediger, mit dem er nach dem frühen Tod des Vaters durch die Lande zog, hat er das Handwerk der Seelenrettung gelernt.

Dessen konsequente musikalische Umsetzung bedient sich einer Reihe eindringlicher Mittel. Von „neo-traditionell“ über „Country-Folk-Blues“ bis zu „Rural Rock“, „Gothic Country“ und „authentischer Eklektizismus“ reichen die Bennungsversuche für das musikalisch-sprirituelle Treiben der Edwards-Projekte. Nah dran: „Ländlich-hinterwäldlerisch-kitschiger, nervös-kribbeliger, aus dem Gleichgewicht geratener Country Rock“. Hier eine besonnen geknüpfte Tapete aus Bottleneck-Gitarren und Bass, dort scheinbar direkt der Zeit der Sezessionskriege Entstammendes, nebst Banjo und Bandoneon, dann wieder fast mittelalterlich anmutende Balladen voller jammernder Geigen und dröhnender Orgeln.

Bekehrung statt Musik muss morgen Abend in der Fabrik aber keiner von uns armen SünderInnen befürchten. Auf einer Mission ist Edwards nach eigener Ansicht eigentlich gar nicht, „außer ein Musiker zu sein“. Der allerdings, verfügt dann doch über „die absolute Wahrheit“.ROBERT MATTHIES

So, 20. 7., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36