1,51 Euro pro Stunde und Kind

Unter scharfen Protesten von Tagesmüttern, Linken und CDU verabschiedet die Sozialdeputation das neue Entgeltsystem für Kindertagespflege. Laut Ressort haben die Mütter künftig „mehr netto“

Von Christian Jakob

Mit den Stimmen von SPD und Grünen verabschiedete die Sozialdeputation am Mittwoch die neue Entgeltregelung für Kindertagespflege. Rund 30 Tageseltern waren mit ihren Pflegekindern zu der Sitzung gekommen, um gegen die Verordnung zu protestieren. Sie befürchten eine Verringerung ihrer schon bisher äußerst niedrigen Einkommen. Linkspartei und CDU versuchten mit Verweis auf die Proteste vergeblich, die Abstimmung zu verhindern und auf eine Sondersitzung der Deputation im Dezember zu vertagen.

Die neue Entgeltregelung sieht vor, Tagesmüttern, die Kinder bei sich zu Hause betreuen, 1,51 Euro brutto je Kind und Stunde zu zahlen. Hinzu kommt eine Sachleistungspauschale von 300 Euro je Kind und Monat, etwa für die Verpflegung. Werden Räume angemietet, steigt die Sachleistungspauschale.

Die neue Regelung war notwendig geworden, weil der Bund Tageseltern ab dem 1. Januar 2009 als nebenberuflich Selbständige einstuft. Damit werden ihre Einkünfte steuerpflichtig.

Bereits eine Stunde vor Beginn der Sitzung versammelten sich Tageseltern vor dem Gebäude der Sozialbehörde. Sie glauben, mit dem neuen Entgeltsystem schlechter wegzukommen als bisher. Insbesondere für Tagesmütter mit „Vollzeitkindern“ sei die neue Regelung ausgesprochen ungünstig.

Eine Mutter rechnete den Deputierten vor, sie würde mit der Betreuung von drei Kindern an acht Stunden täglich nach allen Abzügen insgesamt gerade einmal 1,74 Euro netto verdienen. „Wollen sie ernsthaft, dass Leute so bezahlt werden, damit sie auf Ihre Kinder aufpassen?“, fragte sie. Ein Tagesvater meldete sich zu Wort. „Ich bin absolut sprachlos, dass sie das jetzt so beschließen wollen, ohne unsere Einwände zu berücksichtigen“, sagte er. Die Entlohnung sei „eine einzige Katastrophe“ für die Tageseltern. Wenn das neue System greife, „dann war‘s das für mich“, schloss er. Zu allem Überfluss seien die Tageseltern nicht in die Beratungen eingebunden worden.

Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) wies das zurück. „In einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses sind sehr wohl Vertreter der Tagesmütter angehört worden“, sagte sie. Ihr Staatsrat Joachim Schuster wiederholte mehrfach, dass die neue Regelung keine Einbußen, sondern „mehr netto“ als bisher für die Tageseltern bedeute. Ihre Berechnung blende aus, dass der Staat die Hälfte der Krankenkassenbeiträge übernehme und die Sachleistungspauschale steuerfrei sei. Die Tageseltern würden von einer großzügigen Kategorienregelung beim Betreuungsumfang profitieren und bekämen statt bisher für elf künftig zwölf Monate im Jahr Lohn. Hinzu komme ein Zuschlag für Betreuung zu „ungünstigen Zeiten“. „Bisher waren sie schlechter gestellt“, sagte Schuster.

„Zuwenig ist zuwenig“, fanden hingegen übereinstimmend die Linke-Abgeordnete Sirvan Çakici und die CDU-Sozialpolitikerin Sandra Ahrens. Den CDU-Antrag, Rosenkötter zu verpflichten, bis zu einer Sondersitzung im Dezember ein neues Konzept zu erarbeiten, dass „mehr Geld für die Tagesmütter vorsieht und deren Zustimmung findet“, lehnten SPD und Grüne ab. Zwar muss Rosenkötter dem Oppositionswillen folgen und zu der beantragten Sondersitzung laden. Ungeachtet dessen winkte die Koalition die Entgeltregelung aber bereits gestern durch. Auf einer Informationsveranstaltung am 3. Dezember will das Ressort nun „mögliche Missverständnisse“ bei den Tagesmüttern ausräumen.