Angler gegen Wasserkraftwerk

Springers „Welt“ hat eine Polemik gegen Greenpeace und das im Bau befindliche Weserkraftwerk gedruckt. Fast alles falsch, was da steht, kontern Greenpeace Energy und die Weserkraftwerk GmbH

Von Klaus Wolschner

Der Hieb saß: „Das Umweltproblem von Greenpeace“ war die Welt-Schlagzeile, das Weserkraftwerk in Bremen das Thema. „Jahrtausende“, so die Welt, habe der Kreislauf „ungestört“ funktioniert, jetzt baue Greenpeace ein Wehr in die Weser, um „das größte Wasserkraft der Republik“ zu errichten. Der Naturkreislauf, der dadurch zerstört werde, ist der der Aale. Denen werde „der Zugang zum Meer versperrt. Kein Fisch kommt vorbei.“ So stand es wörtlich in dem Blatt zu lesen am 22.1.2009.

Die Zeiten, in denen Springers Flaggschiff in Bremen eine Redaktion hatte, die sich vor Ort auskennt, sind lange vorbei. Der Autor des Textes, David Schraven, lebt in Bochum – immerhin hat er den „Wächterpreis“ erhalten und ist Vorstand beim „Netzwerk Recherche“ – und schreibt über den Nebel am Bauloch für das Weserkraftwerk.

Ist ihm aufgefallen, dass das Wehr schon existiert? Hat seine Recherche ihn auf die Tatsache geführt, dass an dieser Stelle seit 1912 ein Wehr steht? Er habe den Neubau von 1993 gemeint, sagt er. Das Problem ist aber ein anderes: Derzeit strömen im Winter 440 Kubikmeter Wasser pro Sekunde über das Wehr. Da ist für die Aale genug Strömung. Wenn das Kraftwerk möglichst viel Wasser abzweige, ströme nichts mehr über das Wehr, wenn sie zurück ins Meer wollen, verteidigt Schraven seinen Text.

Völlig falsch, kontert der Geschäftsführer der Weserkraftwerk GmbH, Elmar Bröker. Das Kraftwerk „zieht“ nur 220 Kubikmeter, da ströme immer noch genug Wasser über das Wehr, wenn die Aale kommen. Früher wurde sogar die Schleuse hin und wieder geöffnet, wenn die Aale sich vor dem Schleusentor zu Tausenden sammelten.

Aber die Zahl der Aale nimmt seit Jahren ab, das hat die Angler aufgescheucht. Mit dem geplanten Weserkraftwerk, das erst 2010 in Betrieb gehen soll, kann das allerdings nicht zusammenhängen. Während die Angler-Lobby – bisher erfolglos – vor Gericht gegen das Wasserkraftwerk streitet, finden die örtlichen Bremer Umweltschutzverbände das Projekt übrigens gut. Und die teure Vorsorge für die Fische vorbildlich.

Die Welt-Schlagzeile zielte derweil auf Greenpeace. Da würden „Planer von Greenpeace zusammen mit dem Stadtstaat Bremen ... das größte Ökokraftwerk im Land“ errichten, steht da. „Solche Planer hat Greenpeace gar nicht“, sagt der Sprecher von Greenpeace Energy in Hamburg dazu und merkt an, man habe mit dem Welt-Autor telefoniert und ihm erklärt, dass die Firma „Wasserkraftwerk Bremen GmbH“ das Projekt baue, an der Greenpeace nicht beteiligt sei. Gesellschafter sind die SWB und der Turbinenhersteller Enercon, 51 Prozent der Anteile an dem „Bürgerkraftwerk“ sollen unters begüterte Volk gebracht werden. Die Welt versäumt zum Schluss nicht zu vermelden, die Nachfrage nach den Bürger-Anteilen an dem Kraftwerks-Projekt sei gering. Insgesamt 20 Millionen Euro Bürger-Kapital will die Weserkraftwerk-Bremen-GmbH mobilisieren, dabei will Greenpeace Energy helfen. Die Weserkraftwerk-GmbH ist zuversichtlich, über die effektive Nachfrage lässt sich derweil nichts sagen: Der Beteiligungsprospekt soll erst im Sommer 2009 erscheinen.

Die Welt klinkte in den Text auf ihrer Internetseite eine Umfrage zu Greenpeace ein: „Halten sie Greenpeace für wichtig?“ Immerhin 86 Prozent hatten diese Frage – trotz des Artikels – mit Ja beantwortet.