CDU ruft SPD zu Hilfe

KOALITIONSKULTUR Bremerhavens Oberbürgermeister hat einen Termin im Rathaus geschwänzt. Das regt seine Partnerin, die CDU, auf – weil er sie ständig so behandelt

Oberbürgermeister Jörg Schulz führt die Bremerhavener CDU „am Nasenring durch die Manege“

VON KLAUS WOLSCHNER

Am Mittwoch wird der Bremer Landtag eine Debatte besonderer Art erleben: „Fehlende Sparanstrengungen von SPD-Oberbürgermeister Schulz“ ist das Thema einer aktuellen Stunde, beantragt von der CDU. Für die Finanzen in Bremerhaven verantwortlich ist aber der Stadtkämmerer Michael Teiser (CDU).

Es ist jedoch nicht so, dass die CDU des Landes Bremen hier ihrem Bremerhavener Spitzenmann Teiser die Leviten lesen will. Offensichtlich kann sich Teiser in Bremerhaven nicht durchsetzen gegen den SPD-Oberbürgermeister – die Bürgerschaftsdebatte richtet sich gegen den selbstherrlichen SPD-Mann.

Der Anlass: Jörg Schulz war zu einem Spitzentreffen mit dem Präsidenten des Senats, Jens Böhrnsen, und Finanzsenatorin Karoline Linnert nicht gekommen. Begründung: ein unvorbereiteter, zu lapidarer Termin. Immerhin sollte es um die Finanzpolitik in den Jahren zwischen Föderalismusreform und Schuldenbremse gehen. Schulz war in Bremen am Rathaus schlicht vorbeigegangen – zur Fraktionssitzung der Grünen. Besonders wesentlich sei das da, sagen Teilnehmer, auch nicht gewesen.

Der einzige Vertreter des Bremerhavener Magistrats war so CDU-Bürgermeister Michael Teiser, der Kämmerer. Der war allerdings keineswegs geehrt von seiner Rolle, sondern eher peinlich berührt – zwar hat er sein Büro in Bremerhaven neben dem des Oberbürgermeisters, er war gleichwohl der einzige in der Spitzenrunde, der nicht vorab den Hinweis erhalten hatte, dass Jörg Schulz nicht kommen wolle. „Mit seinem Verhalten wird Herr Schulz der prekären Lage unseres Landes in keiner Weise gerecht. Er führt die Senatsspitze am Nasenring durch die Manege.“ Die CDU erwartet von der rot-grünen Koalition, „dass sie sich klar von dessen Ausgabenpolitik distanziert“, heißt es in der CDU-Pressemitteilung. Das Zitat, das Teisers Frust ausdrückt, wird in der Presseerklärung Wolfgang Schrörs zugeschrieben, dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU. Teiser hatte gefordert, dass auch Bremerhaven eine Haushaltssperre verhängt – Schulz lehnte ab. Teiser hatte öffentlich die Investition in den Neubau der Eishockey-Halle infrage gestellt – Schulz reagierte nicht. Gleichzeitig läuft Schulz herum, um überall zu erklären, warum das Klimahaus das Land Bremen deutlich teurer kommt als geplant – und will so einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema vermeiden. Nun hat zu allem Überfluss der Bundesrechnungshof Prüfer nach Bremen geschickt, die dem Verdacht nachgehen sollen, dass beim Bau der Cherbourger Straße (Hafenanbindung) Geld verschwendet worden sein soll.

Vordergründig ist die Formulierung „am Nasenring durch die Manege führen“ eine, mit der die CDU-Fraktion ihr Mitleid mit dem Bürgermeister Jens Böhrnsen ausdrücken will, im Grunde hat da die CDU aber formuliert, wie sie sich in Bremerhaven von ihrem Koalitionspartner SPD und von Schulz behandelt fühlt. „Er glaubt, er sei der Gekrönte in Bremerhaven“, sagt ein Bremerhavener CDU-Politiker. Einfach arrogant. Und da passt das Nicht-Erscheinen beim Bremer Spitzentreffen als symbolisches Ereignis: Man kann den lapidaren Vorfall geißeln und meint den Regierungsstil in Bremerhaven.

Was treibt Jörg Schulz? Er selbst nennt sich gern einen „Aktenfresser“. Er sei eben ein nicht nur von Beruf, sondern von Charakter her „Einzelrichter“, so wird er charakterisiert: Er mache sich ohne auf Berater zurückgreifen zu müssen sein Bild und glaube dann, „im Namen des Volkes“ urteilen zu können.

Das Fußvolk seiner Partei, die SPD, liebt ihn längst nicht mehr, da er dort mit derselben Arroganz auftritt. Schulz hat angekündigt, dass er nicht wieder antreten will – das wäre Ende 2011, also noch weit hin.

Es hat keinen Aufschrei gegeben, niemand hat ihn aufgefordert, weiter zu regieren in Bremerhaven. Vielleicht hat ihn das noch einsamer gemacht in seinem Regierungsstil.