Uni voller Streikbrecher

BILDUNGSSTREIK Boykott kommt nur langsam in Gang. Viele Studierende scheuen sich, zu schwänzen, wollen aber die Mittagspause zurückerobern

„Den Master muss es für alle geben. Weder Quote noch Note dürfen dem entgegenstehen“

Die Beteiligung war etwas dürftig: Rund 300 von 18.000 immatrikulierten Studierenden waren in verhalten kämpferischer Stimmung am Montagnachmittag zur Vollversammlung in die Unimensa gekommen.

Bis Mittwoch sollen im Rahmen des bundesweiten „Bildungsstreiks“ die Vorlesungen und Seminare an der Universität boykottiert werden. Die Proteste richten sich gegen die soziale Schließung der Hochschulen, schlechte Studienbedingungen und eine zunehmende Verschulung des Studiums. Doch eben diese zeigte am Montag ihre Wirkung: Viele Studierende schreckten davor zurück, sich dem Boykott anzuschließen. Anwesenheitslisten und die in den letzten Jahren rigider gewordenen Bachelor-Studienordnungen hielten die meisten von ihnen in den Seminarräumen.

In der Mensa kritisierte ein Sprecher des Bildungsstreik-Bündnisses die Verschulung und Modularisierung des Studiums, die „uns einschnürt wie ein Korsett“. „Wir wollen im Studium eigenen Interessen nachgehen und keinen fertigen Brei nachkauen“, rief er und erntete Applaus. Hinzu komme die sich verschärfende soziale Auslese. So wie etwa das Bafög derzeit gestaltet sei, gebe es „Barrieren ohne Ende“.

Die Versammlung beschloss einstimmig einen Boykott aller in der kürzlich abgeschafften Mittagspause von 12 bis 13 Uhr stattfindenden Veranstaltungen.

Eine Studierende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisierte den als „Bologna-Prozess“ bekannten europäischen Hochschulplan. Dieser habe als „worst practice“ zu einer weiter zunehmenden „Verdichtung des Studiums geführt“. Sie plädierte dafür „Qualität dem Tempo vorzuziehen“. Auch die Schließung der aufbauenden Masterstudiengänge sei nicht hinnehmbar: „Es muss einen uneingeschränkten Übergang vom Bachelor zum Master geben. Wir wollen keine Schranken – weder Quote noch Note.“

Die Mobilisierung für den Streik ist auch eine Nagelprobe für den Linkspartei-nahen Hochschulverband SDS, der den Bildungsstreik mit vorbereitet hatte. Im Gegensatz zu anderen Städten hat der SDS seit seiner Gründung 2007 in Bremen Probleme, an der Universität Fuß zu fassen. Bei der am letzten Freitag zu Ende gegangenen Studierendenrats-Wahl bekam der Verband nur 20 von über 1.400 abgegebenen Stimmen.

Zum Abschluss des Streiks ist für Mittwoch eine gemeinsame Demo von SchülerInnen und Studierenden geplant.

CHRISTIAN JAKOB