Frust beim Frühstücksflocken-Hersteller

KELLOGGS Kritik am Tarifpaket zur Standort- und Beschäftigungssicherung kommt aus dem Betriebsrat und der Tarifkommission. Die Gewerkschaft NGG unterzeichnete es – ohne Mitgliederabstimmung

Am 3. Juli haben Kelloggs und die NGG ihr Tarifpaket den knapp 300 MitarbeiterInnen verkündet.

■ Kelloggs verpflichtet sich, von 2010 bis 2015 nicht betriebsbedingt zu entlassen.

■ Bei Werksschließung bekommen die MitarbeiterInnen Abfindungen. Eventuelle Lohnverzichte werden verzinst zurückgezahlt.

■ Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Wochenarbeitszeit werden gekürzt.

Ruhe ist bei Kelloggs nicht eingekehrt. Dabei hatte der Konzern mit der Nahrungsgewerkschaft NGG Anfang Juli einen Tarifvertrag geschlossen. Zur Standortsicherung bis 2015. Der Betriebsratsvorsitzende Rainer Folkers hält ihn für „das Maximum der Möglichkeiten“. Sein Stellvertreter Heinz Bednarzik sieht das anders: „Der NGG war es vor allem wichtig, den Arbeitgeber zufrieden zu stellen.“ Die Belegschaft sei dabei entmündigt worden.

Für Unmut sorgt besonders die Rückfallklausel. An die sind die Standort- und die Beschäftigungssicherung gekoppelt. Laut Klausel können auch vor 2015 Punkte wie Arbeitsplätze oder Arbeitszeitverkürzungen verhandelt werden. Effizienzsteigerung heißt das im Fachjargon.

Den Passus hat Kelloggs nachträglich in den Vertrag gesetzt. Die Gewerkschaftsmitglieder hatten im Februar einem ursprünglichen Entwurf zugestimmt. Danach prüfte die Konzernmutter in Dublin und schickte eine Version mit überarbeiteter Rückfallklausel. Die Gewerkschaftsmitglieder lehnten sie ab.

Die NGG unterzeichnete den Vertrag trotzdem. Empfohlen hatte das die Tarifkommission. Für eine erneute Mitgliederabstimmung habe die Zeit gefehlt, sagt Christian Wechselbaum von der NGG. Kelloggs hatte ein Ultimatum gesetzt: Unterschrift oder Investitions-Stopp. Die NGG habe sich aber mit einer Protokollnotiz zur Rückfallklausel abgesichert: Verhandlungen vor 2015 sind ergebnisoffen. Ohne Einigung gelten die tariflichen Regelungen. Das habe man juristisch prüfen lassen. „Der alte Vertrag war damit wieder hergestellt“, so Wechselbaum.

Bednarzik traut dem nicht: „Es hätte eine Abstimmung über letzte Änderungen geben müssen“. Die entscheidende Sitzung sei zu kurzfristig einberufen worden. Einige Kommissionsmitglieder hätten deshalb nicht teilnehmen können. So wie Monika Wörner. „Das war alles gesteuert“, sagt sie. Sie hatte ihre Ablehnung bereits vorab bekundet.

Folkers, ebenfalls Kommissionsmitglied, hält den Vorgang für unproblematisch: „Es eilte, alle guckten auf die Uhr.“ Sechs von sieben Anwesenden hätten der Unterschrift zugestimmt. „Eine zweite Gegenstimme hätte nichts geändert“, sagt der Betriebsratsvorsitzende.

Sein Stellvertreter hingegen sieht Arbeitsplätze bei Verhandlungen nun nicht ausreichend gesichert. „Wer vor 2015 doch entlassen wird“, fürchtet Bednarzik, „dem nutzt der Vertrag nichts“.

Eine Darstellung, der Wechselbaum nicht folgen kann. Gewerkschaftsmitglieder könnten bei Entlassungen vor 2015 Kündigungsschutzklagen einreichen oder einen Auflösungsvertrag aushandeln. Der kläre die Abfindung. „Vermutlich gäbe es dann mehr als im Sozialvertrag steht“, so Wechselbaum. Es fehle bei Kelloggs allerdings das Vertrauen in das Unternehmen.

Das sieht sich selbst durch das Tarifpaket „nicht in der überlegenen Position“, so Kelloggs-Sprecher Markus Dreißigacker. „Die Verhandlungspflicht beider Seiten ist für uns wichtig“, sagt er, „auch weil damit die Friedenspflicht verbunden ist“. Streiks kann es bei Kelloggs nur geben, wenn eine Partei erneute Verhandlungen offiziell für gescheitert erklärt. Die Kritiker hätten das aber möglicherweise nicht verstanden. Insofern sieht Dreißigacker „durchaus internen Kommunikationsbedarf“. AG