Armutsbericht: Armut trennt Rot und Links

In der ersten sozialpolitischen Debatte nach der Bundestagswahl gibt es bei der SPD kein Zeichen einer Korrektur: Sie lehnte die Anträge der Linken als nicht finanzierbar ab.

Wie ernst ist es der SPD mit der Rückbesinnung auf ihr sozialpolitisches Profil? Nähern sich SPD, Güne und Linkspartei in ihrer Diskussion nach dem schwarz-gelben Wahlsonntag an? Am Mittwoch wäre in der Bürgerschaft eine Gelegenheit gewesen.

Auf der Tagesordnung stand der Armuts- und Reichtumsbericht des Bremer Senats - und die Frage, ob daraus Konsequenzen gezogen werden. Die Koalitionsfraktionen hatten einen allgemein gehaltenen Antrag dazu vorgelegt, der am Ende doch nur das Thema vertagt und den Senat auffordert, bis zum Frühjahr 2010 Konsequenzen vorzuschlagen. Die Linksfraktion wollte dieses Antrag mit konkreten Forderungen präzisieren. Während der Sozialpolitiker der Grünen, Horst Frehe, meinte, die Forderungen seien finanziell nicht durchgerechnet, aber durchaus eine Diskussion Wert, wischte die Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD) die Konkretionen vom Tisch: "Luftschlösser" seien das, "unseriöse Versprechungen" und "kein Beitrag zum sozialen Frieden".

Ein Fünftel aller BremerInnen sind von Armut betroffen, über 180.000 Menschen sind zudem von Armut bedroht, ein Sechstel aller BremerInnen bekommt Transferleistungen. Vor allem Kinder leben von Sozialleistungen, so der Senatsbericht. Das war aber aus den Armutsberichten der Arbeitnehmerkammer schon bekannt.

Für die sozialpolitische Sprecherin der SPD, Karin Garling, bekannte, der Bericht lege "den Finger in die Wunde" und dürfe "nicht in der Schublade verschwinden". Das wolle Rot-Grün mit dem Bürgerschaftsantrag sicher stellen. Konkret: Bisherige Maßnahmen - wie etwa der Kita-Ausbau mit einem Schwerpunkt auf sozial benachteiligte Stadtteile, Investitionen in die frühkindliche Bildung oder die Ausweitung des "Wohnen in Nachbarschaft"-Programms - sollen "ressotrübergreifend zusammengeführt" werden.

Zudem soll der Senat Initiativen zur Verbesserung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen auf Bundesebene entwickeln und unterstützen. Und sich etwa dafür einsetzen, dass Sozialleistungen flexibler bemessen werden - und genauer an den tatsächlichen Bedarf an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden. "Armutsprozesse sind nicht ohne weiteres vom Land aus zu steuern", sagte Horst Frehe, sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. "Zumindest aber sollten Sozialleistungen fair bewilligt werden".

Die Linksfraktion wollte den rot-grünen Antrag um Konkretes ergänzen: So solle sich der Senat auf Bundesebene für die Abschaffung der Hartz IV-Gesetze einsetzen und Ein-Euro-Jobs in Bremen durch sozialversichungspflichtige Instrumente ersetzen.

"Ich kann sie langsam nicht mehr ernst nehmen", so polemisierte die SPD-Frau Garling gegen die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Inga Nitz. Die hatte erklärt, Armut habe unter Rot-Grün zugenommen. Mit guten Vorschlägen, so Graling, könne sich die Linke aber gerne einbringen. So weit war es am Tag Drei nach der Bundestagswahl offenkundlich noch nicht: Die konkreten Änderungsanträge der Linken wurde abgelehnt.

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