„Oft nur Überlebensstrang“

Refugio feiert 20. Geburtstag mit Symposium

hat Refugio vor 20 Jahren mitgegründet und arbeitet dort als Psychotherapeutin.

taz: Frau Koop, Sie sind seit 20 Jahren bei Refugio – braucht es Sie immer noch?

Ingrid Koop: Ja, leider. Unser Gesundheitssystem ist nicht darauf ausgerichtet, traumatisierten Flüchtlingen zu helfen.

Es hat sich nichts verändert?

Gleich geblieben ist, dass Menschen zu uns kommen, deren Menschenrechte schwer verletzt wurden und die an Leib und Seele geschädigt sind. Was sich ändert, sind die Gegenden, aus denen sie kommen. Momentan viel aus der Region Tschetschenien und Kaukasus, vermehrt auch aus westafrikanischen Ländern, wobei das daran liegen kann, dass wir mehr aufsuchende Arbeit machen. Grundsätzlich können wir sagen, dass drei bis vier Jahre nach einem Krieg die Leute bei Refugio sitzen. Für unsere Arbeit hat sich geändert, dass wir auf sehr gute Resonanz in der Fachwelt stoßen und in Bremen vernetzt sind. Allerdings wollen wir uns von dem politischen Auf und Ab, was die finanzielle Förderung angeht, unabhängiger machen und haben dazu vorgestern unsere Stiftung gegründet.

Wie können Sie therapeutisch mit Menschen arbeiten, die hier in Sorge leben, dass sie wieder abgeschoben werden?

Oft kann das nur eine Krisenintervention sein, ein Überlebensstrang, den wir den Betroffenen anbieten, ein kleines Stück Sicherheit in dem Meer aus Unsicherheit. Manche finden so zu ihren verborgenen Kraftquellen zurück und dann können sich auch im Außen neue Lösungen auftun.

Sie werden als Flüchtlinge anerkannt?

Das auch. Sie finden Arbeit oder machen den Deutschkurs, der ihre Chancen erhöht. Oder sie gehen zurück. Ich erinnere mich an einen Bosnier, der nach Hause wollte und seine Familie davon dann überzeugen konnte. Wir haben Briefe von ihm bekommen, es war die richtige Entscheidung. Interview: eib

Symposium „Flüchtlingsarbeit an den Grenzen“: ab 11 Uhr, Metzer Straße 30