KLAUS WOLSCHNER ÜBER DIE HAUSHALTSPOLITIK
: Wahrheit ist nicht opportun

Lobbyismus funktioniert vor allem in der Stille der Hinterzimmer. Wenn die Fraktion der Linken derzeit über öffentlichen Anhörungen diejenigen sammelt, die gern „mehr“ aus dem Staatssäckel hätten, ist das ein demonstrativer Akt – man weiß, wo Änderungsanträge der Opposition landen: im Papierkorb.

Wenn mehr zu den Haushalts-Foren der Linksfraktion kämen, hätte vor allem die Linke am Ende ein Problem: Sie müsste ihren Bittstellern erklären, dass das natürlich alles nicht geht, was da gewünscht und gefordert wird. Die Finanzexperten der Partei verschließen ihre Augen nicht vor der fiskalischen Realität – die ist düster und erlaubt kaum noch Wünsche.

Die Linke verweist derzeit auf ein kleines Schlupfloch: Sie fordert den kleinen Bremer Senat auf, den großen, in der Föderalismuskommission zwischen Bund und Ländern, CDU/CSU und SPD ausgehandelten Kompromiss „Schuldenbremse“ einfach nicht anzuerkennen.

Logisch ist das zwar – aber politische Vernunft tickt anders. Dass die meisten Länder im Jahre 2020 nicht ohne Neuverschuldung auskommen, ahnen auch die Finanzexperten von CDU und SPD. Politischer Konsens ist aber, dass das heute niemand sagt. Wer regieren – und in Berlin verhandeln – will, darf nicht logisch denken und auch nicht schlicht die Wahrheit sagen.

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