„Schon wieder ein Klischee“

VORTRAG Bei der Literarischen Woche geht es um die Motive hinter dem Thema „Mann in der Krise“

■ Literaturwissenschaft-lerin und taz-Redakteurin.

taz: Frau Kappert, Sie sehen hinter dem Diskurs über den Mann in der Krise eine Sehnsucht nach einem traditionellen Familien- und Männerbild.

Ines Kappert: Ja, nach einem Früher, als die Rolle des Mannes als Familienernährer noch unangefochten war. Das Problem bei Filmen wie „American Beauty“ ist, dass sie die Karrierefrau als wesentlichen Grund für das Unglück des Mannes ausmachen. Sie liebe ihn nicht genug. Deshalb werde er depressiv und mutiere zum Konsumtrottel.

Ist es nicht wichtig, dass individuelle und persönliche Krisen thematisiert werden?

Es ist völlig in Ordnung einem Leiden Ausdruck zu verleihen. Die Geschichten aber kritisieren die Gesellschaft, die „die“ Männer unglücklich mache. Es geht nicht um Einzelschicksale, sondern um die gefühlte Benachteiligung einer ganzen Spezies – angeblich zugunsten „der“ Frauen.

Wie sähe der bessere Weg aus?

Männer sollten sich nicht nur als richtigen Mann sehen, wenn sie Hierarchien herstellen und sich Frauen, Nicht-Weiße und Schwule unterordnen. Die „neuen Väter“ zeigen, dass sich etwas tut. Wir sollten das unterstützen und nicht als Verweiblichung abqualifizieren.

Bei der Literarischen Woche stehen Sie für die kritische, weibliche Sicht. Fühlen Sie sich damit wohl?

Nein, das ist ja auch schon wieder ein Klischee. Einer Frau, die sagt, dass nicht die ganz normalen Männer die größten Verlierer sind, wird oft unterstellt, sie setze sich über deren Leiden hinweg. Mir geht es aber darum, Fiktion von Realität zu unterscheiden: In unserer Gesellschaft haben Menschen mit Migrationshintergrund, Unterqualifizierte oder Alleinerziehende die größten Probleme, nicht der Durchschnittsmann. INTERVIEW: AG

20 Uhr, Kino 46 (Waller Heerstr.)