„Alle Tricks genutzt“

HARTZ IV Arbeitnehmerkammer und der Paritätische diskutieren die neuen Hartz-IV-Regelsätze

■ ist Referent für kommunale Sozialpolitik bei der Arbeitnehmerkammer.

taz: Herr Schwarzer, die Veranstaltung heute soll die Diskussion über die neuen Hartz-IV-Regelsätze versachlichen. Wo läuft die unsachlich?

Thomas Schwarzer: Sie verläuft stigmatisierend, etwa wenn es heißt, die Menschen würden zu viel Geld für Alkohol und Zigaretten ausgeben und das würde dann für Kinder, Essen oder Bildung fehlen. Solche Phänomene gibt es zwar, sie treffen aber nur auf ganz wenige zu, dennoch wird die ganze Gruppe der Hartz-IV-Empfänger darauf reduziert.

Woran liegt das?

Daran, dass die meisten Leute, die über Hartz-IV-Empfänger reden, deren Lebenswirklichkeiten nicht kennen. Ihre Erfahrungen speisen sich aus den Medien, die meist Bilder wie das von Alkohol und Zigaretten vermitteln.

Auch die Politik greift diese Bilder auf.

Die Politik setzt sie bewusst ein. Ihr Ziel ist es, die Leistungen gering zu halten, damit die Menschen mit dem Geld nicht auskommen und Arbeit – egal welche – aufnehmen. Ziel ist es nicht, eine menschenwürdige Existenz zu sichern, wie es das Verfassungsgericht fordert.

Ist das mit 359 bzw. 364 Euro im Monat überhaupt möglich?

Die Frage hat in der politischen Debatte keine Rolle gespielt. Es ging nur um das Existenzminimum, zwischen Menschenwürde und Existenzminimum wurde nicht unterschieden.

Ist denn zumindest das Verfahren zur Festsetzung der Sätze transparent, wie vom Verfassungsgericht gefordert?

Das schon, man kann es nachlesen und -rechnen. Aber in der Statistik sind immer Tricks möglich – und hier wurden alle denkbaren genutzt.

Wie kann Bremen darauf noch Einfluss nehmen?

Das Gesetz kommt jetzt in den Bundesrat, dort sollten es Bremen ablehnen. Diese Reform würde nur neue Probleme, neue Klagen und wieder jahrelanges Gezerre bringen. INTERVIEW: THA

Ab 16 Uhr, Arbeitnehmerkammer, Bürgerstraße 1