Nicht bei der Gleichstellung sparen

GLEICHSTELLUNG Frauen werden schlechter bezahlt, sind häufiger arm, aber ihre Probleme stehen nicht mehr im politischen Fokus: Vor der Wahl präsentiert die Landesfrauenbeauftragte ihre Forderungen

Bremerinnen verdienen im Durchschnitt 24 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen – auch deutlich weniger als Frauen in anderen städtischen Ballungsgebieten

Die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe hat den künftigen Bremer Senat davor gewarnt, in Folge der Vereinbarungen in der Föderalismuskommission bei der Gleichstellungspolitik zu sparen. „Wir alle wissen, dass die Einhaltung der Schuldenbremse dem künftigen Senat wenig Spielräume lässt“, sagt Hauffe. Umso wichtiger sei es, die verbleibenden Mittel so einzusetzen, dass „sie die Gleichberechtigung von Frauen nicht bremsen, sondern weiter voranbringen“.

Vergangene Woche stellte Hauffe deshalb einen „frauenpolitische Prüfsteine“ genannten Forderungskatalog zur Landtagswahl vor. Darin verlangt Hauffe unter anderem eine Sozialpolitik, die stärker auf die Lage sozial benachteiligter Frauen achte. „Frauen sind besonderen Armutsrisiken ausgesetzt.“ Das habe zuletzt der Armuts- und Reichtumsbericht für das Land Bremen gezeigt. Die hier besonders stark verbreitete Kinderarmut sei „unmittelbare Folge von Frauenarmut“, so Hauffe. Hier müsse die künftige Regierung Schwerpunkte setzen.

Dem vom Sozialressort vorgelegten Bericht zufolge sind Frauen „überproportional von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen“. Noch immer dominiere „das traditionelle Konzept der männerzentrierten Versorgerehe“, heißt es in dem Bericht. „In Zeiten von unsicheren Beziehungsverhältnissen wird der Ausfall des ‚Versorgers‘ für Frauen häufig zur ‚Armutsfalle‘“, so das Sozialressort. Viele langzeitarbeitslose Frauen würden aufgrund des Erwerbseinkommens ihres Partners kein Arbeitslosengeld II erhalten und seien deshalb von ihrem Partner abhängig.

Auch für erwerbstätige Frauen ist die Lage oft problematisch: Jede dritte Frau in Bremen arbeitet in Teilzeit, Frauen stellen hier über 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten – jedoch nur ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten. Im Durchschnitt verdienen sie dem Ressort zufolge 24 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen „und auch deutlich weniger als Frauen in anderen städtischen Ballungsgebieten“.

Hauffe fordert deshalb Frauen „gezielt Zugänge zu sozialversicherungspflichtiger, existenzsichernder und auch hochwertiger Beschäftigung zu ermöglichen“. Weiter müssten die Bedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert und die Existenzgründung von Frauen stärker gefördert werden. Dies gerät nach Meinung von Hauffe zunehmend aus dem Blick: „In der öffentlichen Debatte ist zunehmend die Rede von den spezifischen Bedürfnissen von Jungen und Männern. Diese zu berücksichtigen darf jedoch kein Ersatz dafür sein, die bestehende Diskriminierung von Frauen und Mädchen zu erkennen und zu verhindern.“

Weiter forderte Hauffe eine verbesserte Versorgung gewaltbetroffener Mädchen und Frauen. Es gebe eine „Lücke zwischen Akutversorgung und therapeutischen Angeboten“, Beratungsangebote müssten dringend ausgebaut werden. Christian Jakob

Die frauenpolitischen Forderungen zur Wahl können in den Geschäftsstellen in der Knochenhauerstraße in Bremen und in der Schifferstraße in Bremerhaven abgeholt werden.