Neues von den alten Bremern

NEUGESTALTUNG Das Focke-Museum eröffnet eine neue Dauerausstellung zur Ur- und Frühzeit. Dabei geht es auch um archäologische Arbeitsweisen und Problemstellungen

„Es ist zu erkennen, dass der Bremer Helmträger einen länglichen Kopf und der aus Groningen eher einen Eierkopf hat“, erklärt Direktorin Frauke von der Haar

von John-Martin Preuss

In der kleinen Halle ist das Licht gedämpft. Das Fenster hinter den zwei Schädeln ist die größte Lichtquelle. Was die zwei einstigen Bremer, denen die Schädel einst gehörten, hier zu suchen haben, lässt sich per Finger auf dem Display erforschen.

Das Focke-Museum eröffnete letzten Sonntag im Eichenhof die neue Dauerausstellung zur Bremer Ur- und Frühgeschichte. Unter dem Titel „Wissenswerkstatt Archäologie“ sind hier auf kleinem Raum Bremens älteste archäologische Funde zu sehen. Die Ausstellung unterscheidet sich dabei in verschiedener Hinsicht von der alten, die seit 1995 im Eichenhof präsentiert wurde. Sie profitiert von der Sanierung des Gebäudes und einem neuen inhaltlichen und museumspädagogischen Profil. Auf eine komplette Erzählung der Frühgeschichte wird jedoch verzichtet.

Kuratorin Sandra Geringer bedauert: „Eine chronologische Ausstellung ist nicht möglich. Wir haben nicht aus allen Zeiten genügend Funde, weil Bremen so ein kleines Bundesland ist.“ Stattdessen wird der Fokus auf besondere Stücke gelegt und deren besondere Geschichte erzählt. In Ermangelung der entsprechenden Exponate verkürzt sich nun der Zeitraum, den die Ausstellung abbildet. Zwar bleibt das frühe Mittelalter der Endpunkt, der Startpunkt verschiebt sich aber nach vorn – in die letzte Eiszeit.

Voraussetzung für den neuen Schwerpunkt war die Sanierung des Ausstellungsraumes. Durch dessen Abdunklung konnten die Objekte nun besser ausgeleuchtet und hervorgehoben werden. Wie der Titel der Ausstellung andeutet, steht die Archäologie bei der Erzählung der Geschichten im Mittelpunkt. „Wenn wir Ausgrabungen machen, stehen immer viele Leute am Zaun und stellen uns Fragen“, begründet Uta Halle, Leiterin der Landesarchäologie, diese Entscheidung.

Schon am Eingang führt ein animierter Kurzfilm in die archäologische Arbeitskette ein. Leider droht die bewusst stumme Einleitung in dem kleinen Vorraum der Ausstellung, keine Beachtung zu finden. In der Ausstellungshalle selbst werden 15 archäologische Themen durch Ausstellungsstücke auf zwölf Tischen vorgestellt. Sie reichen von der Archäozoologie über die Botanik bis zur Rekonstruktion.

Exemplarisch für diesen Bereich hängt zum Beispiel ein altes, kleines Stück Holz mit sechs Löchern an der Wand – neben einer nachgebauten Leier. Archäologen hatten beim Vergleich mit süddeutschen Funden erkannt, dass das Holzstück der Kopf einer frühmittelalterlichen Leier ist. Um dieser Zeit noch näher zu kommen, kann der Besucher seinen Kopf an ein Schnurtelefon halten, und dem Klang des Nachbaus lauschen. Für diese Hörprobe wurden auf dem Instrument einige Melodien eingespielt.

Trotz der kleinen Räumlichkeit wird der Besucher nicht von Ausstellungsstücken erschlagen. Auch nicht von Texttafeln. Im Gegenteil: Auf Touchscreen-Displays kann man jedem Objekt in die Geschichte und in seine eigene Geschichte folgen – so lange man will. So können die Besucher und Besucherinnen einen in Deutschland einmaligen Stachelhelm – wie er damals von Kriegern getragen wurde – datieren und verschiedene Hypothesen zu offenen archäologischen Fragen nachlesen. Ein Vergleichsfoto mit einem Helm in den Niederlanden ist auch abrufbar. Frauke von der Haar, Direktorin des Museums, erklärt: „Es ist zu erkennen, dass der Bremer Helmträger einen länglichen Kopf und der aus Groningen eher einen Eierkopf hat.“