Faulheit soll siegen

Wettbewerb Ein Verein vergibt hoch dotierte Preise für Ideen, die Bremen lebenswerter machen sollen – durch Müßiggang

„Die Brüder gingen lieber spazieren, statt zu arbeiten“

Neben der Geschichte von den Stadtmusikanten hat Bremen ein anderes berühmtes Märchen, das mit Skulpturen in der Innenstadt Verewigung gefunden hat: „Die sieben Faulen“. Nach ihnen ist ein Verein benannt, der einen Preis für Ideen zur „Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenlebens“ in Bremen vergeben will, so Peter Siemering, Vereins-Vorsitzender und dazu Chef des Bremer Stadtmarketings. Die Besonderheit des Vereins ist, dass er sich Faulheit auf die Fahnen geschrieben hat.

Seine berühmten Mitglieder verkörpern das Gegenteil von Nichtstuerei: Zu ihnen zählen unter anderem die städtischen Ehrenbürger Uwe Hollweg und Klaus Hübotter, Martin Klinkhammer von der Geschäftsleitung der Deutschen Bank Bremen, Immobilienunternehmer Joachim Linnemann, Barbara Lison, Direktorin der Stadtbibliothek, ihr Gatte Hans-Henning Lühr, Staatsrat im Finanzressort, Mathematiker Heinz-Otto Peitgen, Knut Schakinnis, Chef des Theaterschiffs und Joachim Treusch, Direktor der Jacobs Universität. Sie alle finden: „Innovatives Schaffen muss nicht unbedingt mit schwerer Arbeit verbunden sein.“

So hat sich das wohl der Bremer Schriftsteller Friedrich Wagenfeld (1810-1846) gedacht, als er die Geschichte der sieben faulen Brüder niederschrieb. Laut Märchen wohnten die jungen Männer – einer kräftiger als der andere – auf dem elterlichen Hof in der Faulenstraße. Ihr Vater war in der Nachbarschaft für Fleiß und harte Arbeit bekannt. Seine Sprösslinge hingegen scheuten jegliche körperliche Betätigung und gingen lieber an der Weser spazieren. Obschon der Vater große Wiesen besaß, war er arm. Ständige Überschwemmungen bereiteten ihm große Mühe.

Eines Tages quälte die sieben Brüder doch die Langeweile und sie beschlossen, auszuziehen und als Knechte Geld zu verdienen. Ihr schlechter Ruf als Faulpelze eilte ihnen jedoch voraus: Kein Bauer wollte die Brüder einstellen. So zogen sie in die Ferne.

Nach Jahren kehrten sie mit vielen Ideen im Kopf nach Bremen zurück. Sie wollten ihrem alten Vater helfen. Entgegen aller Erwartungen, machten sich die Männer an die Arbeit: Gräben wurden gezogen, Deiche errichtet. So konnten die Wiesen trockengelegt werden. Bald gediehen diese und brachten den ersehnten Ertrag. Der Wohlstand der Brüder wuchs stets. Ihr Credo: Alles unternehmen, damit das Leben angenehmer wird und sie um so fauler sein können. „Im Geiste der Sage“ veranstaltet der 2007 gegründete Verein Die Sieben Faulen e.V. den Ideenwettbewerb. „Die Ideen müssen aber Hand und Fuß haben“, sagt Peter Siemering, hauptberuflich Geschäftsführer der Bremer Touristikzentrale. „Luftschlösser helfen nichts.“ Gesucht werden bis zum 31. Oktober Projekte in den Bereichen Integration, Bildung, Kunst und Kultur. Die von den Mitgliedern finanzierten Preise haben einen Wert von 15.000 Euro. Wer selbst Teil des Vereins werden will, muss vorgeschlagen werden. Laura Koch