Verfassungsschutz stellt sich vor Islam

DEBATTE Begleitend zu einer Islamismus-Ausstellung lud der VS ins Konsul-Hackfeld-Haus um über den „Missbrauch der Religion“ zu diskutieren. Islamkritiker lud er der Veranstaltung explizit nicht ein

„Wir wollen ein klares Zeichen geben, dass vom Islam als Religion keine Gefahr ausgeht.“

Verfassungsschutz-Sprecherin

Die selektive Besetzung des Podiums war Absicht: „Den islamfeindlichen Part vermissen sie vielleicht,“ sagte die Vertreterin des Landesamtes für Verfassungsschutz zur Begrüßung. Doch dessen Abwesenheit habe seinen Sinn: „Wir haben die bewusst nicht mit eingeladen.“ Schließlich diente die Veranstaltung, des VS im Konsul-Hackfeld-Haus einem bestimmten Ziel: „Wir wollen ein klares Zeichen geben, dass vom Islam als Religion keine Gefahr ausgeht.“

Seit der letzten Woche zeigt der Bremer VS eine Ausstellung der übergeordneten Bundesbehörde. „Die missbrauchte Religion“ ist deren Name, und so hieß auch die begleitende Diskussionsrunde am Dienstag. Rund 100 ZuhörerInnen waren gekommen, viele von ihnen augenscheinlich Moslems. Auch die Ditib-Moschee war an der Organisation des Abends beteiligt, ihr dankte die Dame vom VS für das „entgegengebrachte Vertrauen“: „Das ist gegenüber einem Verfassungsschutz ja nicht selbstverständlich.“

Der Berliner Islamforscher Jochen Müller rief in Erinnerung, dass nur wenige der 3,5 Millionen Moslems in Deutschland religiös sei. Die meisten seien „Ramadan-Moslems“: „Die feiern ein Mal im Jahr das Fest und das war‘s.“

Das gilt nicht für die Gröpelingerin Halime Cengiz vom Bremer Rat für Integration. „Islam bedeutet Halt für mich – und dass alle Menschen den gleichen Wert haben,“ sagte sie. Die Deutschen würden oft ihre Angst vor dem Islam betonen. „Aber auf der muslimischen Seite ist die Angst viel größer. Wenn irgendwo auf der Welt ein Geistestgestörter einen Anschlag verübt, denn müssen die Moslems hier damit rechnen, dafür verantwortlich gemacht zu werden.“

Auch der Soziologe Lutz Liffers vom „Lernen vor Ort“-Projekt in Gröpelingen, sieht die Moslems „ständig in einer defensiven Verteidigungshaltung. Sie werden in Generalhaft für alles mögliche genommen,“ sagte er. Zum Beispiel dafür, dass sie sich einer fabulierten Mehrheitsgesellschaft fernhielten: „Ohne so genannte ‚Parallelgesellschaften‘ ist ein modernes Gemeinwesen gar nicht denkbar. Es kommt nur darauf an, dass es einen gemeinsamen inneren Kern gibt, der die Leute daran hindert, sich gegenseitig anzugreifen.“ Und das sei „offensichtlich der Fall.“

Ein Zuschauer erhob sich: „Der Koran ist das Problem,“ sagt er, denn „darin wird zum Kampf gegen Ungläubige aufgerufen.“ Müller widersprach: Die heutige Auslegung des Buches sei „letztlich die Frage eines demokratischen Verfahrens unter den Moslems.“ Die Deutschen seien gefordert, den muslimischen Jugendlichen zeigen, dass sie „dazu gehören“. Das geschehe oft nicht. „Dabei würde genau das den islamistischen Ideologien den Boden entziehen,“ sagte Müller. „Und wenn ich das Signal von Zugehörigkeit gebe, dann kann ich auch kritisch mit der Ideologisierung umgehen.“