Beim Finanzamt gibt es nur ein Bordell

PROSTITUTION Seit 2002 gibt es ein „Prostitutionsgesetz“, dessen Sinn die Legalisierung des Gewerbes ist – ohne Erfolg. Gerade ein Bordell ist offiziell in Bremen gemeldet, sagt der Senat

Der Bundestag hat im Jahre 2002 ein „Prostitutionsgesetz“ verabschiedet, das eine „Regelung der Rechtsverhältnisse“ in diesem Gewerbe zum Ziel hatte. Das Gesetz blieb weitgehend wirkungslos. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage von „Die Linke“ über den Stand der Umsetzung des Gesetzes in Bremen hervor. Nach den Schätzungen der Linken arbeiten rund 1.000 Frauen in Bremen im Bereich der Prostitution, der Umsatz wird auf 37 Millionen Euro im Jahr geschätzt.

Wie viele Bordell-Betriebe sich als Gewerbe beim Finanzamt angemeldet haben, wollte die Linke wissen. Gerade einer, lautet die Auskunft des Senats. Dazu kommen 37 Einzelpersonen. In Wirklichkeit gibt es über 200 „bordellartige Betriebe“ oder Modell-Wohnungen. Wie viele der Prostituierten ihre Einnahmen unter harmloseren Dienstleistungs-Titeln versteuern, weiß das Finanzamt nicht.

Die Gesundheitsämter in Bremen und Bremerhaven, die eine kostenlose Beratung insbesondere auch im Zusammenhang von Aids-Vorsorge anbieten, gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass die Zahl der HIV-Infektionen sich in den letzten Jahren nicht erhöht hat.

Mit „Streetworkerinnen“ geht nur Nitribitt zu den Frauen – ein Verein, der derzeit 1,15 Stellen für seine Beratungstätigkeit vom Senat finanziert bekommt. Für Julia von Lengerke, Leiterin von Nitribitt, kann es nicht verwundern, dass das Prostitutionsgesetz kaum gewirkt hat: Solange Prostitution in der Gesellschaft so sehr diskriminiert sei, würden die betroffenen Frauen sich hüten, sich bei einem Amt zu outen – zumal davon auszugehen ist, dass die Behörden die Informationen weitergeben. Die erste Konsequenz wäre, so von Lengerke, dass die Einstufung bei der Krankenversicherung deutlich teurer würde.

Problematisch sei es, wenn die Innenbehörden die Verrechtlichung der Prostitution unter dem „Deckmantel“ des Schutzes vor Zwangsprostitution vorantreiben und nur strengere Kontrollen im Auge haben. Denn: „Wie viele Zwangsprostituierte gibt es denn?“ Die meisten Frauen gingen ihrem Gewerbe freiwillig nach, so von Lengerke. Bei der bundesweiten Diskussion über eine Novellierung des Gesetzes von 2002 geht es immer wieder darum, dass allzu scharfe Kontroll-Auflagen – etwa über das Gewerberecht – die Branche nur wieder stärker in die Illegalität drängen würde. KAWE

Die Innere Mission macht am 2. 11. einen „Fachtag zu Sexarbeit, Zwangsprostitution und Menschenhandel“ in Findorff