„Nicht ambitioniert“

DEBATTE Die Bremer Beiträge zur Umsetzung der UN-Millenniumsziele werden diskutiert

■ 31, ist Mitarbeiter beim Global Policy Forum Europe. Die Organisation ist auf die Überwachung der UN-Politik spezialisiert.

taz: Herr Obenland, warum haben viele Menschen immer noch so wenig Ahnung von den Millenniumszielen – obwohl sie bis 2015 erreicht sein sollen?

Wolfgang Obenland: Das liegt an den Zielen selbst. Die sind nicht für Deutschland gemacht, sondern für die Entwicklungsländer formuliert. Deswegen genießen sie hier nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen.

Sie diskutieren heute Bremer Beiträge zu den Zielen. Wie könnten die aussehen?

Bremen kann auf die Verwirklichung des Zieles „Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung“ hinarbeiten. Es ist zugleich das einzige, dass sich auf Industrieländer bezieht. Dabei geht es unter anderem darum, dass die nötigen finanziellen Mittel bereit gestellt werden. Jedes Bundesland kann noch mehr tun, Deutschland hängt seinen internationalen Verpflichtungen insgesamt gewaltig hinterher.

Wie weit?

Der Anteil der Gelder für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen liegt derzeit bei 0,39 Prozent – sollte aber bei 0,7 Prozent liegen. Da ist bei den meisten Industriestaaten noch viel Luft nach oben.

Das erste Ziel ist die Halbierung extremer Armut bis 2015...

... und das wird global auch erreicht werden. Aber das Ziel ist nicht besonders ambitioniert, denn halbiert werden soll der Anteil derer, die weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zum Leben haben, gemessen an der Zahl von 1990. Dieses Ziel war schon bei seiner Verabschiedung im Jahr 2000 fast erreicht – angesichts der Fortschritte im China der Neunziger Jahre.

Also ist alles nur heiße Luft?

Das würde ich so pauschal nicht sagen. Es geht heute vielen Menschen besser als damals.

Wie steht es um die anderen Ziele, in denen es um Bildung, Gleichstellung oder Kindersterblichkeit geht?

Es hat sich in vielen Punkten global gesehen einiges bewegt. Es gibt heute mehr Leute in Deutschland, die sich mit Entwicklungszusammenarbeit befassen. Es gibt deutlich mehr Kinder, die eine Grundschule besuchen, auch die Versorgung der HIV-Kranken hat sich verbessert. Aber wenn man das Ganze lokal betrachtet, gibt es große Unterschiede. In einigen Ländern im Süden Afrikas etwa hat sich die Lage sogar verschlechtert. Auch die Zahl der Hungernden ist weltweit gestiegen. Int.: MNZ

18 Uhr, Europa-Punkt Bremen, Haus der Bürgerschaft