CDU in Vegesack halbiert

PARTEIEN Die CDU verliert in Vegesack zwei von vier Beiratsmitgliedern – an die „Bürger in Wut“. Hintergrund ist der Mangel an „menschlicher Wertschätzung“

„Wie man mit mir umgegangen ist, das gehört sich einfach nicht“

RALF SONNEKALB, EHEMALS CDU, JETZT BÜRGER IN WUT

VON KLAUS WOLSCHNER

Bisher hatte die CDU vier Vertreter im Beirat Vegesack – in Zukunft wird sie nur noch zwei haben. Cord Degenhard (61), Beiratsmitglied seit 2003 und über lange Jahre auch im Landesvorstand der CDU engagiert, hat seine Partei verlassen, mit ihm geht Beirat Ralf Sonnekalb (50). Beide wechseln zur rechtspopulistischen Wählervereinigung „Bürger in Wut“, die damit drei Sitze haben und in Vegesack stärker sein wird als die CDU. SPD und Grüne haben im Beirat mit sieben und drei Sitzen die Mehrheit.

Gestern früh hatten die beiden CDU-Kommunalpolitiker ihre Partei über ihren Austritt informiert. „Die CDU wird menschlich und intellektuell nicht meinen Ansprüchen gerecht“, sagte der frühere Lehrer Degenhard zu seinen Motiven. Es habe „kein gutes Klima“ geherrscht in der Bremer CDU und die Wahl von Rita Mohr-Lüllmann sei „das einzige Gute gewesen in den letzten anderthalb Jahren“. Er habe nach ihrem Wahlerfolg auch „kurz gezuckt“, die neue Situation sei „eine Überlegung wert“ gewesen, es doch noch einmal zu versuchen – aber dann habe die Skepsis überwogen. „Ich wünsche Frau Mohr-Lüllmann alles Gute“, sagt Degenhard, „aber durch ihre Wahl ändert sich in der CDU Vegesack nicht unbedingt etwas.“

Ralf Sonnekalb ist von Beruf Bankangestellter. Er hatte sich Hoffnungen auf einen der vorderen Plätze gemacht, die Vegesacker CDU setzen ihn aber nur auf Platz 17 der Beiratsliste. Er holte dann 500 persönliche Stimmen für die CDU und landete damit auf Platz drei – und war drin. Das hat ihn selbst überrascht, er wusste gar nicht, wie bekannt er ist im Stadtteil – viel Wahlkampf gemacht hatte er nicht. Wie geht eine christdemokratische Partei um mit einem solchen persönlichen Erfolg eines ihrer Mitglieder? „Der Kreisvorsitzende Jörg Kastendiek hat mir bis heute nicht gratuliert zu meiner Wahl“, sagt Sonnekalb bitter. Auch mit der Vegesacker CDU – die Vorsitzende Silvia Neumeyer und den Beirats-Fraktionsvorsitzenden Detlef Scharf eingeschlossen – habe er keine guten Erfahrungen gemacht. „Wie man mit mir umgegangen ist, das gehört sich nicht.“ Es mangele schlicht an „menschlicher Wertschätzung“ bei diesen Christdemokraten.

Die „Bürger in Wut“ liegen für Degenhard nahe. „Erzkonservativ“ sei er, zum Programm der „Bürger in Wut“ sehe er keine Differenzen. Jan Timke, den Bundesvorsitzenden und Abgeordneten in der bremischen Bürgerschaft, habe er aber nicht gekannt, bevor er Kontakt suchte. Und was den langen Atem von kleinen Parteien angeht, ist er realistisch: „Vielleicht ist in drei Jahren alles vorbei.“

Timke hingegen setzt darauf, dann in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft einzuziehen. Und nicht nur das. In dem jüngsten Rundbrief der „Bürger in Wut“ ist eine „Bestandsaufnahme“ unter der Überschrift „Die politische Rechte“ zu lesen. Der kleine Erfolg (2,1 Prozent) der NPD in Berlin ist darin erwähnt, immerhin sei „Bürger in Wut“ die einzige „bürgerlich-konservative Kraft in Deutschland“, die in einem Landtag – Bremen – vertreten sei. Damit hätten die „Bürger in Wut“ ihren „Führungsanspruch im rechtsdemokratischen Spektrum untermauert“.