„Starb Jesus für Klingonen?“

VORTRAG Was bedeutet die interstellare Raumfahrt für Religionen? Wer erlöste Außerirdische?

■ 40, ist Philosoph und arbeitet am Lehrstuhl für Philosophisch-Theologische Grenzfragen der Ruhr-Uni Bochum.

taz: Herr Weidemann, welche Probleme ergeben sich aus der interstellaren Raumfahrt für die Religion?

Christian Weidemann: Mich beschäftigt, was passiert, wenn man in Sonnensystemen, Jahrzehnte von uns entfernt, auf intelligente Wesen trifft. Das ist für eine Erlösungsreligion wie das Christentum ein Problem.

Inwiefern?

Nach der Bibel ist Jesus für die gesamte Menschheit und die Schöpfung gestorben. Eigentlich müsste er dann auch außerirdische Lebensformen erlöst haben. Das würde aber bedeuten, dass ein Ereignis auf der Erde entscheidend wäre für alle Völker dieses Universums.

Aber wo ist der Unterschied zu anderen Völkern dieser Erde? Von denen hatten ja auch einige nie was von Jesus gehört, bis sie kolonisiert wurden.

Ja, aber man muss die Größenordnung bedenken. Bei 100 Milliarden Galaxien mit jeweils 100 Milliarden Sternen wird die behauptete Vorrangstellung der Erde extrem unglaubwürdig.

Aber das Christentum ist doch flexibel, wie man an der kopernikanischen Revolution, nach der die Erde nicht der Mittelpunkt des Sonnensystems ist, sehen kann.

Ich glaube nicht, dass die Entdeckung außerirdischer Intelligenz das Christentum zu Fall bringen wird. Aber es wird wie nach Kopernikus und Darwin notwendig sein, Justierungen an religiösen Dogmen vorzunehmen.

Gibt es noch andere Probleme?

Mein Kollege Michael Waltemathe, mit dem ich den Vortrag zusammen halte, beschäftigt sich mit religionspraktischen Fragen. Wo liegt Mekka aus Sicht eines muslimischen Raumfahrers? Wie kann die apostolische Sukzession aufrecht erhalten werden, wenn man viele Jahre unterwegs ist und ein Bischof unterwegs stirbt, aber der Papst auf der Erde ist und den Nachfolger nicht ernennen kann. eib

20 Uhr, Evangelische Studierenden Gemeinde, Parkstraße 107