Große Kunst in kleinen Häusern

AUSSTELLUNG Die Galerie Mitte ist eine von zahlreichen kleinen Bremer Galerien, die heute die Kunst von morgen zeigen. Derzeit stellt Sabine Wewer dort ihre Arbeiten aus

„Ich fühle mich Bremer Künstlern verbunden, vor allem aber zeige ich hier Künstler und Künstlerinnen, die mal in Bremen gelebt haben und dann weggezogen sind. Es ist interessant zu sehen, was sie nach Bremen zurückbringen“

Ele Hermel

von Radek Krolczyk

Sie sind an Kunst interessiert? Und, kennen Sie sich in Bremens Kunstszene aus? Gut, Sie verfolgen regelmäßig die großen Ausstellungen in der Kunsthalle und der Weserburg oder dem Marcks-Haus, klar. Die etwas extravaganteren Schauen in der Städtischen Galerie Buntentor oder der Galerie für aktuelle Kunst haben sie auch auf dem Schirm? Prima! Aber wie sieht es mit den kleineren Ausstellungshäusern aus?

Bremen ist klein und übersichtlich, denken Sie. Ist aber nicht so. Denn versteckt in den Straßen und Gassen der Bremer Innenstadt gibt es zahlreiche Kunstvereine und Galerien, die es verdient haben, einmal besucht zu werden. Denn schließlich passieren interessante künstlerische Entwicklungen nicht nur in den etablierten Häusern. Alle große Kunst nimmt hier ihren Anfang.

Zum Beispiel die Galerie Mitte im südlichen Ostertor. In der unteren Etage des Kubo, dem Kultur- und Bildungsverein Ostertor beim Paulskloster, finden regelmäßig Ausstellungen statt. Seit etwa zwei Jahren zeigt Ele Hermel hier als Kuratorin große Kunst. Sowohl Anja Fußbach und Marion Bösen als auch Johann Büsen haben hier bereits ihre Werke gezeigt. Allesamt etablierte, innovative Kunstschaffende. „Ich fühle mich Bremer Künstlern verbunden, vor allem aber zeige ich hier Künstler und Künstlerinnen, die mal in Bremen gelebt haben und dann weggezogen sind. Es ist interessant zu sehen, wie sie sich entwickelt haben und was sie nach Bremen zurückbringen“, erklärt Hermel ihr Konzept.

Aktuell zeigt die Galerie Mitte Bilder der im Bremer Umland lebenden Malerin Sabine Wewer. Die 1960 in Bremen geborene Wewer lebte lange Zeit in New York und hat dieses Jahr ein Ausstellungsstipendium in Baltimore verliehen bekommen. Der Titel ihrer Einzelausstellung kommt zugegebenermaßen etwas pathetisch daher: „Ich arbeite gern im Dunkeln“, lautet er. Die unter diesem Titel versammelten Bilder sind umso diffiziler.

Die Szenen, die Wewer in Öl auf ihre Leinwände malt, wirken häufig wie Ausschnitte aus einer filmischen Erzählung. Dabei hat die Malerin keineswegs Szenen aus real existierenden Filmen abgemalt. Aber die Anordnungen der Räume und Personen auf ihren Bildern und die Perspektiven, die sie wählt, geben dem Betrachter das Gefühl, den Film zu kennen, aus dem die Szene stammt. So schauen wir auf „Lazy Sunday“ (2010) zwei Personen über die Schulter, die an einer Uferböschung stehen und dem Brand einer Pagode zusehen. Filmisch ist diese Szene, weil sie einen Punkt der Stille bildet, zwischen einem früheren Zeitpunkt, zu dem etwas Entscheidendes geschehen ist – es brennt! – und einem späteren Zeitpunkt, an dem noch irgendetwas Entscheidendes geschehen muss. Es ist eine Stille voller Spannung.

Häufig dienen Wewer Fotoaufnahmen ihres jugendlichen Sohnes und seiner Freunde als Vorlage für die Figuren in ihren Bildern. So etwa zu „Brüsseler Spitze“ (2011), einem großformatigen Gemälde, auf dem sich zwei Jungs mit freien Oberkörpern und in Trainingshosen auf einem Sofa fläzen. Beide fixieren etwas, was sich außerhalb des Bildes befinden muss. Vielleicht einen Fernsehbildschirm? Der rechte hält eine Pistole in der Hand. Was wird er damit tun? Woher hat er die? Auch dieses Bild ist zutiefst filmischen Charakters. „Mich fasziniert, wie diese beiden zwischen allen Welten zu schweben scheinen, zart und hart, angreifbar und unangreifbar zugleich“, erzählt die Malerin. Tatsächlich haben nicht nur die Kids hier etwas Bedrohliches. Durch die Perspektive und die kalten Farben, in denen sie erscheinen, muss man sich die Frage stellen, wer hier der Betrachter ist.

■ „Ich arbeite gern im Dunkeln“ ist noch bis zum 20. Mai in der Galerie Mitte im Kubo zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, 15–18 Uhr