Die Ökonomie des guten Geschmacks

PREISWERT KOCHEN Es gibt keinen Grund, schlecht zu essen, wenn es an Geld fehlt. Mit intelligentem Einkauf, richtigem Maß und Lust auf kreative Kombinationen geht eine Menge. Mangel macht Kochen oft spannend

■ Hans Gerlach: „Kochen (fast) ohne Geld. 70 Genießerrezepte. Wie Sie preisgünstig kochen, ohne am Geschmack zu sparen“. Mosaik bei Goldmann, München 2011, 176 Seiten, gebunden, 19,99 Euro

■ Ira König: „Einfach gut, super günstig. Über 1.000 saisonale, schnelle Gerichte für 1 bis 2 Euro pro Person“. Gräfe und Unzer Verlag, München 2009, 128 Seiten, Softcover mit Klappen, 9,90 Euro

■ „Sterneküche – Rezepte für fünf Euro“. Mit Beiträgen von 84 Star- und Sterneköchen. Huber Krenn Verlag, Wien 2006, 218 Seiten, broschiert, 14,90 Euro. (Pro verkauftem Buch gehen 2 Euro an die Herausgeber „Verein neunerHAUS“ und „Verein für Armut und Gesundheit“.)

VON LARS KLAASSEN

Die Geschichte über preiswertes Kochen, die Jan Weiler aus seiner Studentenzeit berichtet, regt nicht gerade den Appetit an: Ein Kommilitone servierte dem späteren Buchautor Penne mit Bifi-Sauce. „Glamour und Geschmack für weniger als eine Mark pro Portion“, habe der Gastgeber gejubelt. Weilers rückblickendes Urteil fällt anders aus: „Es war unbeschreiblich. Schlecht. Und. Furchtbar.“ In die gleiche Richtung wie diese Anekdote vom ebenso billigen wie schlechten Essen stößt die Statistik: Wer in Deutschland wenig verdient, ernährt sich im Schnitt schlechter als Menschen mit höheren Einkommen. Doch gesundes und köstliches Essen ist keine Sache des Geldes.

Was ist gegen eine gute Pizza, eine frisch zubereitete Ratatouille oder einen leckeren Eintopf einzuwenden? Diese und viele andere Gerichte waren früher klassisches Arme-Leute-Essen – Volksküche eben. Es kommt also nicht zuletzt darauf an, wie man seine Mahlzeiten zubereitet. Gut und preiswert zu kochen ist, so Weilers Lehre aus seinem „traumatischen“ Erlebnis, „eine Frage der Haltung“. Ein bisschen Küchen-Know-how braucht man dann aber auch noch. Hans Gerlach etwa gibt in seinem Buch „Kochen ohne Geld“ viele praktische Tipps. Die Rezepte des Kochs lassen den faden Geschmack von Weilers Bifi-Saucen-Erinnerung im Vorwort dann auch schnell verblassen.

Was mich mein Essen kostet, ist aber nicht bloß eine Frage der Rezepte. Auch Kühschrank und Herd sind Kostenfaktoren, und zwar weniger beim Kauf als im täglichen Energieverbrauch. Bei Töpfen und Pfannen wiederum sollten die Deckel gut sitzen und die Böden genau auf die Platten passen. Auch das spart teure Energie. Die passenden Utensilien, kombiniert mit den richtigen Rezepten, erzielen dann den umso größeren Effekt. Gerlach verweist etwa auf den Wok. Die asiatische Pfanne ist eine Antwort auf knappe Heizmittel: klein schneiden und kurz garen! Und wo wir schon aus Kostengründen ganz vorbildlich Energie sparen, können wir den Ökokurs noch weiter verfolgen.

Saisonal und regional einzukaufen schont ebenfalls nicht bloß natürliche Ressourcen, sondern auch den Geldbeutel. Ein Apfel aus der Region verursacht geringere Reisekosten bis in den Supermarkt als einer aus Übersee. Das gilt aber nicht im späten Winter, weil dann die Kosten fürs monatelange Einlagern der hiesigen Äpfel zu Buche schlagen. Ein Saisonkalender, der anzeigt, welches heimische Obst und Gemüse wann frisch vom Feld kommt, macht sich in Posterform auch als Deko an der Küchenwand gut. Ira König hat in ihrem Buch „Einfach gut, super günstig“ einen solchen Kalender eingefügt und die Rezepte nach Jahreszeiten sortiert.

Gutes Essen ist keine Frage des Geldes, sondern eine Frage der Haltung

Aber wozu überhaupt Lebensmittel kaufen? Küchenkräuter auf der Fensterbank zu ziehen ist auch bei beengten Wohnverhältnissen machbar. Wer einen größeren Balkon sein Eigen nennt, kann sich auch im Gemüseanbau versuchen. Tierhaltung dürfte dagegen kaum infrage kommen. Allein aus gesundheitlichen Gründen sollte ohnehin nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller kommen. Auch hier gilt: Die Qualität sollte stimmen. Mit Blick aufs Geld heißt das: Weniger ist im Zweifelsfall mehr.

Es spricht wiederum überhaupt nichts dagegen, schon mal etwas mehr zu kochen. Einmal am Herd stehen und zweimal zu essen ist nicht nur zeitlich sehr ökonomisch, sondern kann sich auch finanziell rechnen. Bei Eintöpfen etwa zahlt es sich geschmacklich richtig aus, das Ganze über Nacht ziehen zu lassen. Generell gilt: Für viele zu kochen ist pro Kopf gerechnet sparsamer. In Sachen Mengenlehre hat Gerlach zudem einen guten Rezepttipp, „Das Curry-Prinzip: Kombiniere kleine Mengen hocharomatischer Zutaten mit größeren Mengen preiswerter Zutaten“.

Wenn dann etwas übrig bleibt, gibt es keinen Grund, die Reste wegzuwerfen. Auch für das Essen von gestern gibt es gute Rezepte. So richtig sparsam und zugleich kulinarisch ambitioniert wird es aber, wenn man sich daran macht, Dinge zuzubereiten, die selbst beim ersten Kochen in der Regel als Abfall enden: Mit Radieschenblättern gefüllte Maultaschen, Radieschenpesto oder Tomatenwasser können wirklich köstlich schmecken!