Gerechtigkeit macht den Genuss

„Köstlichkeiten aus aller Welt“ lautet das Motto der Fairen Woche, die am Montag beginnt. Die Kampagne richtet sich an alle, die mehr über Fairen Handel wissen möchten. Eine Untersuchung ergab, dass noch viele Menschen mobilisiert werden können

VON TILMAN VON ROHDEN

Wer sich mal wieder was gönnen möchte, sollte einkaufen gehen. Aber richtig! Darf’s ein bisschen mehr sein? Ja, mehr Qualität – sozial und ökologisch. Diese Qualität wird garantiert: Transfair, eine unabhängige Einrichtung, verleiht ein internationales Siegel für fair gehandelte Produkte. Sie definiert Kriterien für eine Produktion, die Rücksicht auf die Natur und die Produzenten nimmt. Standard sind umweltverträgliche und schonende Anbau- sowie Verarbeitungsmethoden, der weitgehende Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden, Dünger und anderen Chemikalien, die soziale Absicherung und faire Löhne für die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Einhaltung grundlegender Menschenrechte sowie das Verbot von Kinderarbeit.

Das Potenzial des Fairen Handels ist längst nicht ausgeschöpft. Nach einer aktuellen repräsentativen Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Emnid gibt es ein großes Reservoir an „Unterstützern“, Menschen, die bisher noch keine Waren aus Fairem Handel gekauft haben, den Gedanken aber gut finden. Um dieses Potenzial zu heben, bedarf es intensiver Öffentlichkeitsarbeit. Ein jährlich wiederkehrendes Kampagnenereignis ist die Faire Woche, die dieses Mal vom 19. bis 25. September stattfindet und die wichtigsten Akteure im Fairen Handel unter dem Motto „Köstlichkeiten aus aller Welt“ miteinander vereint. Getragen wird die Faire Woche von Transfair, dem Weltladen-Dachverband, den Importorganisationen Banafair, dwp, El Puente und dem Handelshaus Gepa sowie mehreren Landesnetzwerken. Das Programm ist bunt und vielfältig – nicht zuletzt, weil es dezentral organisiert wird. Die Bundesregierung trägt 90 Prozent des Budgets in Höhe von 400.000 Euro. Weitere Geldgeber sind der evangelische Entwicklungsdienst und Misereor.

Die Mobilisierung der Öffentlichkeit geht einher mit einer Modernisierung der Bewegung des Fairen Handels, die nicht zuletzt aus 20.000 Ehrenamtlichen besteht, die sich in ihrer Freizeit um „ihren“ Weltladen kümmern. Der Weltladen-Dachverband will dorthin, wo die ökologische Bewegung bereits angekommen ist: in den Mainstream. Die Weltläden wollen weg vom Ruch des bloßen politischen Engagements, ja des Freakigen. Betont wird der Genuss auf hohem Niveau. Die Gefühlslagen aufgeklärter und zugleich hedonistisch orientierter Konsumenten sollen in den Weltläden ihren Niederschlag finden. So kann man neuerdings durchgestylte „Shops“ mit Corporate Design betreten – Weltläden im neuen Gewand. Diese werden mit PR-Konzepten und -Beratern im Rahmen eines bundesweiten Konzeptes auf Vordermann gebracht. Oft ist damit ein Umzug in bessere Lagen verbunden. Die ersten Erfahrungen, so der Weltladen-Dachverband, sind überaus positiv.

Nicht nur in den rund 800 deutschen Weltläden, sondern auch in über 20.000 Supermärkten werden fair gehandelte Waren verkauft. Über den fairen Preisaufschlag wird eine breite Palette von Projekten gefördert. Ein Teil der Gewinne fließt zum Beispiel in gemeinschaftlich genutzte soziale Einrichtungen.

Dieses soziale Engagement ist aus christlich motivierten Gruppen hervorgegangen, die die Ungerechtigkeit auf den Weltmärkten nicht länger widerspruchslos hinnehmen wollten. Die Kirchen und ihre Mitglieder sind noch heute wesentliche Akteure des Fairen Handels. Sie und andere sorgen dafür, dass es in den Weltläden fast 800 verschiedene faire Produkte zu kaufen gibt. Von Kaffee, Tee, Bananen und Honig über Fußbälle bis hin zu Kunsthandwerk und Musikinstrumenten. Nach wie vor gilt für die seit über 30 Jahren bestehende Bewegung: Die „Politik mit dem Einkaufskorb“ sichert eine menschenwürdige Existenz von Millionen in den Herkunftsländern.