Der Bio-Anteil wächst

Ökologische Kriterien sind ein fester Bestandteil des Fairen Handels – nicht zuletzt weil Käufer Wert darauf legen. Deshalbist aber noch nicht alles Bio. Die Böden einiger Produzenten sind belastet. Eine Umstellung ist langwierig und kostet Geld

VON TILMAN VON ROHDEN

Fair und Bio – das sind Geschwister, aber keine eineiigen Zwillinge. Doch sie kommen sich im Laufe der Jahre einander immer näher. Mittlerweile sind knapp 50 Prozent der verkauften Produkte, die mit einem TransFair-Siegel versehen sind, zugleich Bioprodukte. Der Anteil weist schon seit mehreren Jahren kontinuierlich nach oben. „Denn die Käuferschichten, die sich für faire Produkte interessieren, sind zugleich diejenigen, die auf das Biosiegel achten“, sagt Bettina von Reden von der unabhängigen Siegelinitiative Transfair e.V. Sie rechnet deshalb auch in Zukunft mit steigenden Quoten für faire Bioprodukte.

Notwendig ist der Doppelpack von Fair und Bio nicht nur, um europäische Verbraucher zu schützen, er liegt auch im Interesse der landwirtschaftlichen Produzenten. Denn 70 Prozent der Schädlingsbekämpfungsmittel in Entwicklungsländern landen auf Kaffee, Tee, Zucker, tropischen Früchten und Baumwolle – also auf Kulturpflanzen, die fast ausschließlich für den Export angebaut werden.

Pestizide werden vor allem in Mittel- und Großbetrieben eingesetzt, wobei es zu Vergiftungen durch nicht geschulte Anwender kommen kann. Ganz allgemein sind Plantagen- und Landarbeiter in Südamerika 13-mal mehr Vergiftungen durch Pestizide ausgesetzt als nordamerikanische Landarbeiter. Häufig fehlen geeignete Schutzanzüge oder sie werden von den Plantagenarbeitern wegen des heißen Klimas nicht angezogen. Begonnen hat der Import von fairen Bioprodukten in den 80er-Jahren. 1987 kam nach Angaben der Gepa erstmalig ein Biotee auf den deutschen Markt. Der Gepa-Import stammte aus Sri Lanka. Andere Teesorten folgten bald. Schon ein Jahr zuvor importierte die Gepa einen fairen Biokaffee aus Mexiko. Dieser Klassiker unter den fairen Bioprodukten bereichert noch heute die Regale in den 800 deutschen Weltläden und Tausenden Supermärkten. Heute stehen dort rund 700 bis 800 faire Produkte inklusive der verschiedenen Sorten.Die fairen Bioprodukte machen rund 100 aus. Manche fairen Angebote tragen ausnahmslos das Biosiegel, zu nennen sind Bananen und Weine. Aber auch andere faire Kategorien haben einen hohen Bio-Anteil. Bei Tee beträgt er aktuell 70 Prozent, bei Kaffee und Schokolade sind es knappe 60 Prozent, Biokaffee kommt auf rund 45 Prozent, Biohonig auf 12 Prozent.

Der Tee-Anbauer Brij Mohans gehört zum festen Bestand der Geschichte von Bio & Fair. Er setzte sich vor 15 Jahren für einen Teegarten im Gebiet Darjeeling am Fuße des Himalajas ein. Zu Beginn meinte Mohans: „Mein Wunsch ist es, aus einem vollkommen heruntergewirtschafteten Besitz einen Teegarten mit Modellcharakter zu machen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sollen ein besseres, menschenwürdiges Leben führen. Auf meiner Wunschliste ganz oben stehen neue Arbeitsplätze, bessere Schulbildung und Gesundheitsfürsorge.“ Sein Traum ist weitgehend in Erfüllung gegangen. In den Teegärten von Samabeong wird heute von Naturland zertifizierter Ökotee erzeugt.

Mehr als 200 Arbeiter haben ein tägliches Einkommen durch die Arbeit in den Teegärten. Brij Mohans Traum setzte sich fort: Heute sind sieben Teegärten von Tea Promoters India in den verschiedenen Anbaugebieten von Nord-Indien (Darjeeling, Doars, Assam) von Naturland zertifiziert. Der Tee wird nach Europa, Japan, USA und Australien exportiert.

Die fairen Bioprodukte tragen meist das sechseckige staatliche Biosiegel, das an den Standards der Europäischen Union orientiert. Die Verbraucher haben damit die Gewissheit, dass das Prädikat „Bio“ mehr ist als ein Werbegag. Aber selbst wenn kein Biosiegel die Verpackung ziert, heißt das nicht unbedingt, dass hier die Natur gelitten hat. Denn faire Produkte wahren Mindestanforderungen hinsichtlich eines schonenden Umgangs mit ökologischen Ressourcen. Dazu gehören der Schutz von Wald und Wasser und der dazugehörigen Fauna, die Diversifizierung der Landwirtschaft und Erosionsschutz, der beschränkte Einsatz von Pestiziden, das Verbot von gentechnischen Veränderungen sowie Vorgaben für Abfallentsorgung, Wasserrecycling und Energiesparen. Damit ist noch kein Biostandard nach den Richtlinien der Europäischen Union erreicht, aber garantiert, dass die Produkte nicht das Ergebnis einer die Natur ausbeutenden Produktionsweise sind.

Die Umstellung auf eine Bioproduktion ist in jeweiligen Ländern ähnlich schwierig wie bei uns. Denn zunächst einmal kostet eine Zertifizierung nach Biostandard Geld. „Geld, das oftmals erst durch den Verkauf von fairen Produkten verdient werden muss“, sagt von Reden. Deshalb wird die Bioquote auch in Zukunft nicht auf 100 Prozent hochschnellen. Insbesondere Genossenschaften würden von der Produktion von fairen Produkten ausgeschlossen, wenn fair und biologisch ein und dasselbe wären, meint auch Brigitte Frommeyer vom Handelshaus Gepa.

Erschwert wird eine Umstellung der Produktion auf Biostandards oft dadurch, dass Wasser und Böden so hoch belastet sind, dass der Umstellungsprozess langwierig und durch die entgangenen Einnahmen auch kostenintensiv ist.

Bei der Umstellung auf biologische Produktion können die landwirtschaftlichen Erzeuger Beratungsangebote wahrnehmen. Auch zahlen die Abnehmer von fairen Bioprodukten höhere Mindestpreise. Dieser Bio-Aufschlag wird an die Verbraucher weitergereicht.