Besuch bei den Machern

Im Frühjahr besuchten Vertreter der Mitka ihre Handelspartner, Kaffeeproduzenten in Nicaragua und El Salvador: Kontakte wurden geknüpft und Eindrücke gewonnen. Ein Vor-Ort-Bericht

VON ANNE LÖWISCH
UND BERND HASHAGEN

Wir fahren mit einem kleinen Lastwagen, den eine der Kooperativen uns geliehen hat, die lange Fahrtstrecke durch Nicaragua nach San Juan de Río Coco zur Bio-Kooperative UCPCO. Nur knapp passen wir alle mit unserem Gepäck in die Camioneta. Nachdem es im letzten Jahr einen turbulenten Austausch der Junta Directiva (des Vorstandes) gegeben hatte, sind wir natürlich besonders gespannt. In San Juan angekommen, schildert der Vorstand zuversichtlich die stabile Situation der Kooperative.

Für den nächsten Tag vereinbaren wir Besuchstermine bei Mitgliedsgruppen. Der erste Besuch findet auf einer Finca statt, die in etwa die Größe eines Fußballfeldes hat. Die junge Besitzerin Patricia zeigt uns ihre Parzelle und berichtet sehr positiv. Sie ist eine der immerhin 34 Frauen bei UCPCO, die über einen eigenen Landtitel verfügen. Auch auf der zweiten Plantage wird uns sehr zuversichtlich die neue Transparenz der Kooperative vorgestellt, manchmal etwas aufdringlich, wenn der neue Präsident immer wieder die Leute auffordert, etwas zu sagen: „Nun erzählt schon, was ihr für euren Kaffee bekommt!“ Er weist mehrmals darauf hin, dass beim letzten Besuch der Mitka die Kooperativisten genau dies nicht wussten, und schildert den Besuch 2003 als Schlüsselmoment für die Erkenntnis, dass sich die Situation bei UCPCO grundlegend ändern müsse, was dann zur Absetzung des alten Vorstandes geführt hatte. Jetzt kennen alle den Preis, den UCPCO von der Mitka bekommt, alle bekommen im Büro mit ihrem Geld eine Kalkulation ausgehändigt, während die Geldübergabe früher ohne Belege im Vorübergehen stattgefunden hatte.

Am Nachmittag treffen wir uns mit der Führungsriege. Wir erfahren, dass sie bisher nur einen Container Kaffee von fünfen verkauft haben, nämlich an uns. Wir versprechen, uns zu Hause nach weiteren Interessenten umzuschauen. Mehrfach wird betont, Qualitätsverbesserung, etwa durch die geplante Einrichtung von Verprobungslaboren, spiele eine große Rolle.

Problematisch scheint die Finanzierung von UCPCO zu sein: 60 Prozent der Zahlungen werden im September überwiesen, bevor die Ernte im Dezember beginnt. Die UCPCO-Vertreter wollen das Geld bereits im Frühjahr, weil es Engpässe gibt. Doch vorgezogene Zahlungen sind nicht möglich, was vom Vorstand eingesehen wird. Unklar ist, was die Mitglieder sagen werden, die den Mehrpreis für die Ausbesserung ihrer Häuser verwenden wollen. Am nächsten Tag auf dem Weg nach Dipilto schauen wir noch im Beneficio, der Trockenverarbeitungsanlage vorbei, wo sich tatsächlich Säcke mit unverarbeiteten Kaffee stapeln.

Am Morgen geht es weiter nach Boaco. Mit beträchtlicher Verspätung erreichen wir die neuen Räumlichkeiten von Cosatin. Ohne große Verschnaufpause fahren wir zur Produzentengruppe La Orgánica in einem tief gelegenen Kaffeegebiet. Die zu Pferde angereisten Produzenten – ausschließlich Männer – zeigen sich gut informiert und stellen konkrete Fragen. Sie wollen wissen, welche Geschmackscharakteristika unsere Kunden fordern.

Mit der bereits vor zwei Jahren besprochenen Diversifizierung sind sie nicht besonders vorangekommen: Einige produzieren neben Kaffee jetzt auch Honig, es gibt die vage Idee einer Orangensaftproduktion. Weiterhin planen sie die Einrichtung eines eigenen Verprobungslabors. Dann fahren wir zu einer neu formierten Kooperative – Los surcos de las montañas –, die uns nachdrücklich eingeladen hatte. Nachdem sie sich ausführlich vorgestellt haben, erfahren wir, dass sie mit einem Kredit von Cosatin eine uralte Kaffeeverarbeitungsanlage mit Herrenhaus erworben haben. Wir fragen uns, ob dies für eine neue Kooperative ein guter Anfang ist. Etwas misstrauisch gegenüber dem Vorstand erkundigen sie sich nach dem Preis, den die Mitka an Cosatin bezahlt.

Am nächsten Morgen sprechen wir mit dem Kaffeetester im neuen Labor von Cosatin. Auch er setzt auf Geschmacksdifferenzierung: „Früher ging es uns bei der Verprobung vor allem darum, schlechten Kaffee auszusortieren, heute wollen wir Feinschmeckerbohnen entdecken.“ Beim anschließenden Treffen mit dem Vorstand werden uns die Aktivitäten und Perspektiven von Cosatin vorgestellt. Cosatin wandelt sich gerade in einen Kooperativenverbund um. Das heißt: Umstrukturierung. Deren Form bleibt uns etwas vage, die einzelnen Kooperativen sollen mehr Verantwortung und Initiative bei der Suche nach Käufern übernehmen.

Wir sprechen über die Kaffeequalitäten. Einige ihrer Kunden reisen inzwischen jährlich zur Verkostung an und bestellen dann ganz gezielt Kaffee von einzelnen Kooperativenmitgliedern. Wir haben das bisher nicht getan, machen aber deutlich, dass wir trotzdem großen Wert auf gute Qualität legen.

Zurück in Managua setzen wir uns zu einer Abschlussbesprechung zusammen. Auffällig war, dass die Qualität des Kaffees wichtiger wird. Alle Kooperativen setzen auf Testlabore. Wenn in Zukunft tatsächlich die Einkäufer direkt kommen und einzelne Chargen aussuchen, werden wir sehr aufpassen müssen, weiterhin gute Qualitäten zu bekommen. Das heißt auch, ebenfalls während der Ernte vor Ort zu sein und den Kaffee gezielt auszuwählen.

Anne Löwisch arbeitet bei Mitka, Bernd Hashagen bei Ökotopia