Regeln machen

Die Aktion „Fair spielen, fair handeln“ soll Jugendlichen Verantwortung und Fairen Handel vermitteln

„Taktisches Foul“ – oder auch „Notbremse“ – heißt es im Fußballjargon, wenn ein Stürmer von den Beinen geholt wird, um ein Gegentor zu verhindern. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Peter Steinacker löste einst eine Welle der Empörung aus, als er bekundete: „Zum Wettkampf gehört auch ein taktisches Foul.“ Das sehen nicht alle Kirchenleute so. Ulrich Krämer zum Beispiel. Der Pfarrer ist beteiligt an der Aktion „Fair spielen, fair handeln“, einem Gemeinschaftsprojekt der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover und dem niedersächsischen Fußballverband. Krämer organisiert in seiner Gemeinde Streetsoccerturniere, die das Bewusstsein für faires Miteinander von Jugendlichen schärfen soll.

Hier gelten keine Vorschriften „von oben“, sondern Regeln, die zwischen den Spielern vereinbart wurden. Auch für deren Einhaltung sind die Jugendlichen verantwortlich, denn einen Schiedsrichter gibt es nicht. Ob mitkickende Mädchen mindestens ein Tor schießen müssen oder der Ball vor dem Torschuss von allen angreifenden Spielern berührt werden muss – alles ist vorher frei verhandelbar. Ideen zu Regeln und Spielformen haben die Projektträger in Zusammenarbeit mit Professor Gunter Pilz vom Institut für Sportwissenschaften in Hannover entwickelt.

„Natürlich gibt es in den Turnieren auch Fouls“, erzählt Ulrich Krämer, „aber jedes Vermeiden einer unfairen Aktion ist ein Lernerfolg.“ Wenn Spielsituationen unterschiedlich beurteilt werden, einigen sich die Spieler. „Das geht oft schneller, als man denkt“, sagt Henning Schick vom niedersächsischen Fußballverband. „Denn alle wollen ja weiterspielen.“ Fänden die Teams einmal keinen Konsens, übernehme ein Einzelner die Verantwortung und sorge für eine Lösung, mit der alle leben können. Nur selten müsse ein Spielbeobachter eingreifen.

„Verantwortung soll nicht delegiert, sie muss gelebt werden“, sagt Henning Schick. Der Fair-play- Gedanke geht über das reine Spiel noch hinaus: Der Fußball dient auch als Medium, den Jugendlichen die Idee des fairen Handels näher zu bringen. Gespielt wird mit einem fair gehandelten Ball aus Pakistan, der zur Fußball-WM 2006 wieder verstärkt promotet wird (siehe links). „Eine tolle Sache“, sagen auch die beiden Fußballprofis übereinstimmend.PETER HERMANNS