Weine nicht, wenn der Regen fällt

Bauern und Feuerwehrleute atmen auf: Die aktuellen Regenschauer könnten die Ernte retten, Schädlinge vertreiben und Waldbrände verhindern. Allerdings reichen die Wassermengen noch nicht aus: „Erst nach zwei Wochen ist der Boden wieder ausreichend versorgt“, sagen Bodenkundler

„Auf Regen folgt Sonnenschein“ – diese Binsenweisheit gilt natürlich auch umgekehrt. Auf den Regen, der dem mehr als sechswöchigen Vor-Sommer folgte, haben Landwirte und Waldbesitzer sehnlichst gewartet. Der knochentrockene Boden sorgte im Sauer- und Siegerland für eine Vielzahl von Waldbränden und ließ die Bauern um ihre Ernten bangen. „Wir werden sehen, wie groß die Ausfälle sind“, sagt Landwirt Heinz-Josef Luig aus dem Dörfchen Ense-Vierhausen im Kreis Soest während er lächelnd auf seinem Hof im Regen steht.

Auf den Rübenäckern und Gerstenfeldern könne er die Folgen der Trockenheit bereits erkennen. Kleiner seien die Pflanzen, und es gebe auch mehr Probleme mit Schädlingen und Krankheiten, sagt Luig. Einige seiner Kollegen und Kolleginnen hätten die Gerstensprösslinge untergepflügt und Mais gepflanzt. Die ersten Regenschauer über seinen Feldern lassen ihn zwar lächeln, aber genug Wasser ist noch lange nicht gefallen: „Das sitzt noch alles oben im Boden und ist ja im Grunde verdampft. Der Boden kann noch einiges aufnehmen.“

Die zum Teil kräftigen Schauer, die seit Montag über Nordrhein-Westfalen nieder gingen, haben nicht nur bei der Landwirtschaft für Entspannung gesorgt. „Das Schreckgespenst „Waldbrände“ ist nun erst einmal gebannt“, sagt der Mescheder Polizeisprecher Udo Heppe.

Die Feuerwehrleute in den vom Orkan „Kyrill“ geschädigten Regionen standen in den vergangenen Wochen sozusagen immer mit einem Bein in ihrer Uniform. „Durchschnittlich ein Mal täglich hatten wir einen Waldbrand“, sagt der für Katastrophenschutz zuständige Dezernent der Arnsberger Bezirksregierung, Christoph Lamers. Meist brannte es auf Flächen, die der Orkan im Januar zerstört hatte. Äste und Schlagabraum sorgen hier auch in den kommenden Frühjahren und Sommern für erhöhte Waldbrandgefahr, schätzen Lamers und Friedrich Terstesse vom Landesbetrieb Forst und Holz.

Terstesse lobt die Waldbesucher. Sie hätten sich in den vergangenen Wochen sehr umsichtig verhalten. Bei den meisten Waldbränden gebe es keine Hinweise darauf, dass Fehlverhalten oder Brandstiftung im Spiel gewesen seien.

Die sinkenden Temperaturen und der Regen lassen nun auch den Waldbesitzern einen Stein vom Herzen fallen. „Der Borkenkäfer hat durch die hohen Temperaturen optimale Bedingungen gefunden“, sagt Terstesse. Das kühlere und feuchtere Wetter werde die Gefahr durch Holzschädlinge nun hoffentlich reduzieren.

Außerdem könnten die Waldbauern nun zuversichtlich sein, dass die samt Wurzelballen aus dem Boden gerissenen Fichten bis zum kommenden Sommer nicht zu sehr austrocknen. „Die Ballen können sich nun mit Feuchtigkeit vollsaugen“, sagt Terstesse. Denn dass sämtliche Schäden des großen Kyrill-Sturmes noch in diesem Jahr aufgearbeitet werden können, daran glaubt im Sauer- und Siegerland niemand mehr. „Das wird bis weit in das kommende Jahr dauern.“

Das allseitige Aufatmen bedeutet aber noch lange keine Entwarnung, weder für die Böden, noch für die Waldbrand-Gefahr. Wenn man ein paar Zentimeter vom Erdreich abkratze, sei wieder alles trocken, sagt Dirk Brodersen, der in der Arnsberger Waldarbeiterschule „Bodenkunde“ unterrichtet. „Es müsste zwei Wochen in diesem Maße regnen. Dann könnten wir sagen: Der Boden ist wieder vernünftig mit Wasser versorgt.“

JÖRG TARON (DPA)